
Die 1200Grad Grafik des Monats Okotober beschäftigt sich mit dem viel diskutierten Thema der mobilen Generalisten und deren Einkaufsverhalten. Schon im Jahr 2015 hat die hagebau in einem eigenen Report auf die wachsende Marktbedeutung der werkstattlosen Handwerker hingewiesen.
Im Wettbewerb mit traditionellen Handwerksbetrieben haben sich „werkstattlose Handwerker“ oder sogenannte „mobile Generalisten“ in Deutschland mit wachsender Tendenz fest etabliert. Die Gründe für diese Entwicklung: Die Änderung der Handwerksordnung 2004, die EU-Osterweiterung und der Trend weg von „Do-it-yourself“ hin zu „Do-it-for-me“. „Die Entwicklungen stellen das Bauhandwerk in Deutschland vor große Herausforderungen und haben Auswirkungen auf den Fachhandel“, so Hartmut Goldboom, Geschäftsführer hagebau Fachhandel.
Die durch den hagebau Fachhandel in Auftrag gegebene Studie wurde erstellt von der B+L Marktdaten GmbH. Deren Ergebnisse sind eindeutig: Die Zahl „mobiler Generalisten“ ist im vergangenen Jahrzehnt stark gestiegen: Waren es im Jahr 2005 noch 70.000 Betriebe, so stieg die Zahl im Jahr 2014 auf 120.000,Tendenz weiter steigend. Ein maßgeblicher Faktor für das Wachstum war 2004 die Reform der Handwerksordnung, durch die die Zahl der meisterpflichtigen Handwerke von 94 auf 41 reduziert wurde. 53 Handwerke wurden zulassungsfrei.
Goldboom: „Werkstattlose Handwerker sind kein kurzfristiger Trend. Sie bedeuten einen nachhaltigen Wandel des traditionellen Handwerks. Dieser Prozess wird sich verstärkt fortsetzen, denn viele der ‚mobilen Generalisten‘ betrachten ihre selbstständige Arbeit als erste Stufe für den Aufbau eines traditionellen Handwerksunternehmens.“ „Der ‚mobile Generalist‘ von heute ist der traditionelle Handwerker von morgen“, ergänzt Martin Langen, Geschäftsführer der B+L Marktdaten GmbH.
Optimale Kostenstruktur ermöglicht weiterhin enormes Wachstum
„Mobile Generalisten“ erwirtschafteten 2014 einen Jahresumsatz von 14,7 Mrd. Euro. Schätzungen gehen davon aus, dass sie im Jahr 2020 knapp 20 Mrd. Euro umsetzen werden. Diese Wachstumsprognose gründet unter anderem auf der Tatsache, dass die Betriebe „mobiler Generalisten“ im Vergleich zu traditionellen Handwerksbetrieben eine optimale Kostenstruktur aufweisen: „Da sie im Prinzip keine Verwaltungskosten oder Abschreibungen auf Gebäude und Maschinen mit in ihre Kalkulation einbeziehen müssen, werden sie insbesondere bei Montagearbeiten weiter an Marktanteilen gewinnen“, so Langen.
Bei privaten Endkunden seien die Leistungen „mobiler Generalisten“ bei Renovierungen und Sanierungen stark nachgefragt – deutlich häufiger als traditionelle Handwerksbetriebe. Die größten Zielgruppen bildeten dabei die 52-60-Jährigen sowie die 28-35-Jährigen. Deren Bereitschaft zum „Do-it-yourself“ habe in den vergangenen Jahren sichtbar abgenommen. Dies führe zu einer Professionalisierung des Bauens. „Mobile Generalisten“ hätten auf diesen Trend reagiert und böten alles aus einer Hand. Außerdem setzten sie Nebenaufträge vergleichsweise unkompliziert um. Letzteres habe einen konkreten Grund: Die Kundenzufriedenheit sei für den „mobilen Generalisten“ die einzige Werbeform. 93 Prozent der befragten „mobilen Generalisten“ gaben an, dass die Mund-zu-Mund-Empfehlung für sie das wichtigste Werbeinstrument sei.
„Do-it-for-me“ – neuer Mega-Trend bei privaten Endkunden
„Die Etablierung ‚mobiler Generalisten‘ und die Umbruchphase des deutschen Bauhandwerks gehen einher mit weitreichenden Konsequenzen für den Fachhandel“, skizziert Goldboom die Folgen dieses nachhaltigen Wandels. Da sich die Wettbewerbssituation dauerhaft verändere und eine Verschiebung hin zum „Do-it-for-me“ stattfinde, würden enorme Wachstumspotenziale entstehen: „Wir rechnen mit einem Einkaufsvolumen von 7,9 Mrd. Euro im Jahr 2020“, so der Geschäftsführer. Vom Wachstum dieser Zielgruppe erhoffe man sich deutliche Umsatzsteigerungen – es sei daher lohnenswert, diese „Potenzialkunden“ in einer sehr frühen Phase zu identifizieren und zu unterstützen. „Wenn man darüber hinaus bedenkt, dass nach Statistikangaben des Bundeswirtschaftsministeriums aus 2014 über sieben Millionen Gebäude älter als 35 Jahre sind, also klar ein Sanierungsstau besteht, dann wird deutlich, welche volkswirtschaftliche Bedeutung diese Entwicklung der Baubranche darüber hinaus hat“, so Goldboom zur Entwicklung insgesamt.