Das Rekord-Verkaufsvolumen ist nicht alles. Die Pressekonferenz des italienischen Industrieverbands der Keramikhersteller Confindustria Ceramica zum Jahresabschluss vermittelte trotz der einschneidenden geopolitischen Ereignisse des Jahres zumindest aktuell eine relative Stabilität – trotz Energiekrise und Ukrainekrieg. Grund zur Sorge gibt es aber trotz des Rekord-Verkaufsvolumens.
Auf Anfrage von 1200Grad Italienkorrespondentin Alexandra Becker zur Situation der italienischen Hersteller in Bezug auf Kurzarbeit und Produktion teilte Confindustria Präsident Giovanni Savorani mit, dass zurzeit keine nennenswerte Anzahl von Arbeitnehmern aus der Keramikindustrie von Kurzarbeit betroffen sei. Nur vereinzelte Anlagen seien wegen Umstrukturierungsmaßnahmen stillgelegt.
Was passiert im Januar?
Abzuwarten bleibe jedoch, was im Januar nach den Weihnachtsferien passiert. Denn es stehe bereits fest, dass viele Unternehmen ihre Betriebsferien bis zum 15. Januar verlängern, auch weil die Nachfrage nachgelassen hat und dann hoffentlich wieder anziehe.
Die vorläufigen Produktions- und Umsatzzahlen, von Prometea ausgewertet, werden getragen von einer starken Nachfrage in der ersten Jahreshälfte und erreichen dadurch im Großen und Ganzen die Ergebnisse des Vorjahres. Die verlangsamte Nachfrage im zweiten Halbjahr ist allerdings ein Grund zur Beunruhigung.
Das Jahr 2022 in vorläufigen Zahlen
Rekord-Verkaufsvolumen: Rund 458 Millionen Quadratmetern (+0,7 % im Vergleich zu 2021) italienische Baukeramik wurden 2022 verkauft. Der Löwenanteil ging mit 364 Millionen Quadratmetern (+0,2%) wie immer ins Ausland. Der Binnenmarkt nahm über 93 Millionen Quadratmeter mit einem leichten Plus von 2,6% auf.
Produktion: Geschätzte 448 Millionen Quadratmeter (+3%) wurden produziert, rund 10 Millionen verkaufte Quadratmeter stammten demnach aus Lagerbeständen.
Die starken Schwankungen in der Nachfrage und bei den Produktionskosten und die laut Savorani verschiedenen möglichen geopolitischen Szenarien im neuen Jahr machen jede Prognose für 2023 unmöglich.
Zur Erinnerung: Der Jahresabschluss 2021 hatte die pandemiebedingten Umsatzeinbrüche mit einer weltweit enorm gestiegenen Nachfrage mehr als wettgemacht (hier auf 1200Grad).
Wettbewerbsfähigkeit der Italiener in Gefahr
Giovanni Savorani kommentierte die aktuelle Lage: „Nach einem Jahr 2021, in dem die Verkaufsmengen kontinuierlich gestiegen waren, erzielt das Jahr 2022 Rekordergebnisse, die denen des letzten Jahres entsprechen. In Bezug auf die Marktquoten erreicht Italien 20 %, 48 % sind für die EU-Märkte bestimmt und die restlichen 32 % für weiter entfernte Märkte. Die nach dem Lockdown wiederbelebte und durch den Wunsch nach Neugestaltung von Lebensräumen in allen Gebieten verstärkte Nachfrage nach Keramik basiert auf den besonderen Eigenschaften des Materials – und der Verwendung des Produkts sowohl im Bau, als auch in der Innenarchitektur.
Aufgrund der Nachfrageentwicklung, insbesondere in der ersten Jahreshälfte, gelingt zwar ein Jahresabschluss mit Umsatzzuwächsen. Freuen können wir uns darüber aber nicht. Die enorme Verteuerung aller Produktionsfaktoren, angefangen beim Erdgas, belastet die gegenwärtige und zukünftige Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen.”
Imagekampagne ein großer Erfolg
Die Imagekampagne von Ceramics of Italy for Sustainability setzt mit emotionalen Videospots auf die Nachhaltigkeit und Langlebigkeit der Fliese (1200Grad berichtete hier). Auf Nachfrage von 1200Grad sei diese ein großer Erfolg. Wichtig, so Savorani im Gespräch, sei der Vergleich mit anderen Materialien wie LVT.