Die italienische Fliesenindustrie konnte den pandemiebedingten Umsatzeinbruch mehr als wett machen und legte im Vergleich zu 2019 nochmal 12% zu. Insgesamt wurden somit im Jahr 2021 458 Millionen Quadratmeter italienische Fliesen verkauft. Die positivsten Entwicklungen wurden in den USA, Deutschland, Belgien und den Niederlanden verzeichnet.
Die Produktion wird voraussichtlich 430 Millionen Quadratmeter überschreiten, was einem Anstieg von etwa 25 % entspricht.
Die Nachfrage nach keramischen Belägen ist weltweit groß und nimmt dieses Jahr auch den in den Jahren nach der Finanzkrise gebeutelten italienischen Binnenmarkt mit. Die Regierungsprogramme zur Förderung von Bau- und Sanierungsmaßnahmen greifen, hier kann ein Umsatzplus von 9% im Vergleich zu 2019 verzeichnet werden.
Die Zahlen wurden von Prometeia ausgewertet.
Das wäre eigentlich Grund genug zur Freude. Warum zeichnet Präsident Giovanni Savorani also ein besorgniserregendes Bild mit großen Schwierigkeiten für die italienische Keramikindustrie, das die Delokalisierung der Industriestandorte und den damit verbundenen Verlust der Arbeitsplätze nicht ausschließt?
Explosion der Produktionskosten und Seefracht
Während der Pressekonferenz des Unternehmerverbands der italienischen Fliesenindustrie brachte es der Vorsitzende der italienischen Fliesenhersteller am 14. Dezember 2021 in Sassuolo auf den Punkt:
„Die positive Ausrichtung des Marktes und der Nachfrage werden es uns ermöglichen, die Bilanzen für dieses Jahr gut abzuschließen, aber wir können uns absolut nicht freuen. Die sehr stark steigenden Kosten aller Produktionsfaktoren belasten die gegenwärtige und zukünftige Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen. Vielleicht zum ersten Mal in unserer Geschichte erleben wir ein Paradox: Die Aufragsbücher sind voll mit Aufträgen aus aller Welt, die mit sehr hohen Spannungen im Bereich der Gewinnspanne kollidieren.“
Auflagen durch den Emissionshandel
Besonders stark wirke sich dabei die Explosion der Energiekosten aus, in Europa nochmals verschärft durch die Auflagen durch den Emissionshandel.
Nachdem die Energiekosten der italienischen Keramikindustrie einst bei 250 Millionen Euro lagen, haben sie nach einem Anstieg von 400% nun fast eine Milliarde erreicht. Diese Kostenexplosion könne auch mit Preiserhöhungen nicht mehr von den Herstellern ausgeglichen werden.
„Der Anstieg der Energiekosten“, so Giovanni Savorani, „ergibt sich auch aus dem Preisanstieg im europäischen Emissionshandel von 20/25 Euro pro Tonne auf mittlerweile 85 Euro. Der kontinuierliche Anstieg der Kosten für das C02-Zertifikat ist auch auf eine intensive spekulative Aktivität mit einer kontraproduktiven Folge zurückzuführen: Daraus ergibt sich die Übertragung von Ressourcen aus der Realwirtschaft, bestehend aus Unternehmen und Arbeitsplätzen, in die Finanzwelt.
Savorani sieht dringenden Handlungsbedarf auf politischer Ebene, um zu verhindern, dass die Energiewende durch den Verlust von Wettbewerbsfähigkeit und Marktanteilen zugunsten von außereuropäischen Herstellern zu einem Boomerang für die europäische Industrie werde.
Rohstoffmangel und Seefracht
Die Schwierigkeiten mit Preisanstiegen bei weiteren Produktionsfaktoren, wie Karton, Paletten und Schrumpffolie, haben sich auch zum Jahresende nicht beruhigt. Die Rohstoffknappheit habe teilweise gravierende Auswirkungen auf die Auftragsabwicklung in den Unternehmen, die bereits verkaufte Produkte nicht mehr herstellen können. Auch bei der Transportsituation, insbesondere bei der Seefracht, sei keine Entschärfung in Sicht.
Ein Ausblick auf das Jahr 2022, der von großer Unsicherheit gezeichnet ist. Trotzdem findet Giovanni Savorani zuversichtliche Worte zum Abschluss: „ Wenn die Nachfrage nach keramischen Produkten hoch bleibt, finden sich auch die Lösungen.“