Zu unserem Beitrag “Fliesenmarkt Deutschland: Zwei Quellen, zwei Markteinschätzungen” über die unterschiedlichen Marktzahlen zum keramischen Fliesenmarkt in Deutschland erhielten wir von Berthold Hellmann von der Unternehmensberatung m1st! folgenden Leserbrief:
“Wir bei m1st! haben in zahlreichen Projekten immer wieder mit Fragestellungen der Marktquantifizierung in bestimmten Produktsegmenten zu tun gehabt und uns dabei sowohl wissenschaftlicher Methoden, als auch pragmatischer Vorgehensweisen bedient. Deshalb wissen wir sehr genau, dass die Vorgehensweise des BKF nicht zu einem validen Datenkranz führen kann.
Warum? Die Daten der Herstellerverbände sind i.d.R. unvollständig und oft auch ‘politisch’ geprägt.
Sie berücksichtigen nicht die sekundären Warenströme – diese sind durch die abnehmende Fertigungstiefe in der keramischen Flieseindustrie ein wesentlicher Faktor.
Die Lagerbestände bei allen Stufen der Absatzmittler, deren Auf- bzw. Abbau, findet beim BKF offensichtlich keine Berücksichtigung. Bei Lagerbeständen von ca. 35 – 45 Mio. qm bedeutet ein 10-prozentiger Auf- bzw Abbau der Bestände fast 8 Mio. qm verarbeitetes Material, das im betreffenden Betrachtungszeitraum für die Hersteller gar nicht transparent ist!
Es geht uns nicht darum, die Frage zu beantworten, wer hat denn nun recht, aber wir müssen darauf hinweisen, dass nach unserer Erfahrung eine Marktquantifizierung bei einer Datenlage, wie die der oben genannten in der keramischen Fliese, ohne eine qualifizierte Primärforschung gar nicht möglich ist. Erst auf dem Wege mehrerer strukturierter Expertengespräche lassen sich ergänzende Informationen beschaffen sowie die notwendigen Plausibilisierungen der vorhandenen Daten durchführen. Mit anderen Worten: Ohne Primärforschung ist das Datenmaterial nicht belastbar und es kann zu falschen Schlußfolgerungen führen. Genau das ist hier der Fall!
Wir finden es bedauerlich, wenn nun die BKF Marktquantifizierung offiziell unbeanstandet als Faktum gehandelt wird, obwohl es doch offensichtlich ist, dass hier deutliche methodische Fehler gemacht wurden. Das Fehlen von strukturierter Primärforschung führt im aktuellen Betrachtungszeitraum auch zu einem ‘Vorzeichenwechsel’. So geht die Branche auf der BKF-Basis von einem Marktrückgang aus, den es so gar nicht gibt. Wohlgemerkt: wir sprechen hier vom Absatzvolumen in Quadratmetern und nicht vom Umsatz in Euro. Da mag die Sachlage in Deutschland aktuell nicht so stabil aussehen.
Vielleicht bringt Sie ja diese Erkenntnis ein wenig aus dem Dilemma der zwei unterschiedlichen Markteinschätzungen …”