Früher nannten sie sich die Fernfahrer mal die „Könige der Landstraße“. Lange ist es her. Vom Flair der großen Freiheit, unterwegs auf den Straßen von Europa, ist nicht mehr viel übrig geblieben. Terminstress, eine schlechte Bezahlung, miese Arbeitszeiten, Autobahnen im Mega-Stau und ein schlechtes Image haben aus einem ehemaligen Traumberuf für kleine Jungs längst einen Job auf dem Abstiegsast gemacht. Aus den ehemaligen „Königen der Landstraßen“ sind längst die „Bettler der Landstraße“ geworden.
Jetzt müssen sich die Trucker auch noch gegen teueres Geld ständig fortbilden. Das wird sonst nur von Ärzten gefordert. Der ehemalige Führerschein – kostengünstig bei der Bundeswehr erworben – ist auf dem Arbeitsmarkt auch nichts mehr wert. Und die Hightech-Entwicklung im Bereich der Verkehrsleitsysteme und selbstfahrender Fahrzeuge spricht auch gegen die LKW-Fahrer. In wenigen Jahren werden sie eventuell gar nicht mehr gebraucht, wenn ihre Brummis von ferngelenkten Computern durch Europa kutschiert werden. Kollege PC kennt keine Ruhezeiten, Urlaube oder Krankheiten und ist zudem noch sicherer unterwegs. Ein Beruf auf dem Abstellgleis.
Wem kann man es also verdenken, wenn er sich nicht mehr hinter das Lenkrad setzen möchte. Doch die Wirtschaftsbranche hat anscheinend die Rechnung jahrelang ohne den Wirt gemacht. Noch werden die Trucker dringend gebraucht, um das feinjustierte Gebilde der internationalen Logistik am laufen zu halten. Unsere Wirtschaft lebt vom Austausch der Waren, von pünktlichen Lieferungen, vom Fernverkehr auf den Straßen. Das ist der Pulsschlag unserer Wirtschaft.
So wird aus dem Mangel an Fernfahrern plötzlich ein Nadelöhr für erfolgreiches Wachstum. Da kann die Industrie noch soviel Waren produzieren, da kann der Handel noch so erfolgreich verkaufen: Ohne die Brummis läuft nix. Und so hat die Bauwirtschaft nach dem Handwerker-Engpass, nach dem Mangel an Baugrundstücken, nach dem schleppenden Baugenehmigung ein weiteres Problem, das die Expansion und erfolgreiche Geschäfte massiv behindert. Jahrelanges Sparen an Gehältern und Ausbildung wird nun bestraft. Neue Trucker werden sich demnächst nur noch mit besseren Löhnen ködern lassen. Bezahlen wird dies – wie immer – der Kunde und Verbraucher.
Ralf Schanze
Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag “Dramatische Lieferengpässe in der Logistikbranche”.