Positiver Zwischenstand bei Steuler
Peter Wilson, Vorstand der Steuler Gruppe, zum Fortgang des Insolvenzverfahrens
Bereits vor kurzem haben wir mit Peter Wilson, Vorstand der Steuler Fliesengruppe, ein ausführliches Interview zum Insolvenzverfahren geführt. Nun gibt es Fortschritte und erfreuliche Zwischenstände zu berichten, wie Wilson im Gespräch mit 1200Grad verdeutlichte.
Herr Wilson: Wie ist der aktuelle Status Quo?
Vor fast 4 Wochen haben wir den Antrag zur Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt und vom Gericht genehmigt bekommen. Auch ist der Gläubigerausschuss gebildet und hat zwischenzeitlich regelmäßige Sitzungen geplant und durchgeführt. Insgesamt sind wir bisher nach Aussage der uns begleitenden Profis von Ebner Stolz sehr gut ins Verfahren gestartet, aber es bleibt eine sehr intensive und sehr angespannte Zeit.
Wie laufen die Gespräche mit den Kunden?
Unser Vertrieb hat in den letzten Wochen eine enorme Präsenz gezeigt. Im Ergebnis wurden mit unseren Kunden sehr intensive Gespräche geführt. Hier kommt es uns entgegen, dass wir über einen sehr gut aufgestellten Flächenvertrieb in Deutschland verfügen, der bei den Kunden gut vernetzt ist. In den Gesprächen werden wir immer nach einer Erklärung der aktuellen Situation gefragt. Hierbei bestätigt uns der Kunde, dass er schon überrascht ist, dass die Steuler Fliesengruppe den Schritt in die Insolvenz in Eigenverwaltung gegangen ist. Dafür haben wir Verständnis und sicherlich wäre es uns lieber gewesen, diesen Schritt nicht machen zu müssen.
Wir versuchen durch den offenen Dialog die Hintergründe zu erklären und erläutern gleichzeitig auch, dass und warum wir gute Chancen sehen, durch diesen Prozess durchzukommen – und somit auch in der Zukunft als leistungsstarker und berechenbarer Lieferant zur Verfügung stehen.
Ein wesentlicher Punkt der Kundengespräche ist natürlich die Verfügbarkeit der Produkte. Wir nehmen die Aufgaben an und versuchen über das Bestandsmanagement mögliche Engpässe zu vermeiden und zu helfen. Die Gespräche werden aber grundsätzlich sehr sachlich geführt und es freut uns sehr, dass wir von den Kunden eine große Welle der Hilfsbereitschaft erfahren. Für diesen Zuspruch sind wir sehr dankbar! Hier zeigt sich sehr positiv, dass gerade in schwierigen Zeiten gewachsene Partnerschaften eine sehr große Bedeutung haben.
Ein wesentlicher Punkt der Kundengespräche ist natürlich die Verfügbarkeit der Produkte.
Wie geht es weiter mit den Werken und der Produktion?
Wie berichtet, haben wir direkt nach dem Antrag die Werke heruntergefahren und seitdem wurde nicht mehr produziert. Es war zuletzt allerdings je Standort nur noch ein Ofen am Netz, da wir wegen der sinkenden Nachfrage die Produktion zuvor schon gedrosselt hatten.
Die Stillstandzeiten haben wir genutzt, um vorbeugende Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen vorzunehmen und in den Werken aufzuräumen.
Schon im ersten Quartal haben wir Energieeffizienzmaßnahmen wie z.B. der Einbau zusätzlicher Isolierungen und modernisierter Brenner-Technologie vorgenommen, die dazu führen, dass wir eine Optimierung und eine Senkung des Gasbedarfs erzielen. Alle Werke sind wirklich in einem Top-Zustand und stehen bereit hochgefahren zu werden.
Hierzu eine Neuigkeit: wir zünden einen Ofen bei KeraTeam in Leisnig am Wochenende und werden ab Montag die ersten Mengen über die Anlagen laufen lassen.
Alle Werke sind wirklich in einem Top-Zustand und stehen bereit hochgefahren zu werden.
Weitere Schritte sind auch geplant, sodass wir hoffen, sehr bald weitere Öfen wieder online zu bringen. Offen gesagt, hatten wir nicht mit einem so frühen Start gerechnet und freuen uns die Mitarbeiter wieder im Werk zu sehen. Somit können wir eine der ersten Fragen, die die Kunden an uns stellen, positiv beantworten und dementsprechend ist auch die Reaktion. Das ist wirklich eine sehr gute Nachricht.
Wie sieht es mit der Finanzierung und Fortführung des Unternehmens aus?
Wir haben im Rahmen des Verfahrens eine Planung aufgestellt, um die Finanzierung bis zum Jahresende sicherzustellen. Diese Planung ist sicherlich sehr konservativ aber nach der Absatzentwicklung gerade im inländischen Markt in diesem Jahr, sehen wir die Planung doch als realistisch. Somit gewährleisten wir auch, dass wir wieder bei unseren Lieferanten bestellen und bezahlen können.
Wir führen auch weiterhin Gespräche mit potenziellen Investoren durch und werden hierbei von pwc bezüglich eines sog. strukturierten M&A-Prozesses unterstützt.
Somit gewährleisten wir auch, dass wir wieder bei unseren Lieferanten bestellen und bezahlen können.
Gleichzeitig planen wir auch auf Basis eines Stand-Alone-Konzeptes weiter und zielen grundsätzlich darauf hin, den Insolvenzprozess möglichst zum Jahresende zu beenden.
Es ist nach Aussage unserer Rechtsberater sehr ungewöhnlich signifikante Investitionen während eines Insolvenzverfahrens durchführen zu können. Umso dankbarer sind wir für die Bereitschaft des Gläubigerausschusses uns eine Investition in unserem Werk in Bremerhaven zu genehmigen. Es handelt sich hierbei um eine erforderliche Reparatur im Sprühturmbereich, wofür ein ca. vierwöchiger Stillstand notwendig ist. Diese Entscheidung ist ein äußerst positives Signal für das Werk und für den Markt denn sie zeigt, dass die Stakeholder auch an unsere Zukunft glauben. Das macht uns Mut und gibt uns zusätzliche Kraft.
Zusammengefasst war es sehr anstrengend in den letzten Wochen aber wir haben viele positive Signale aus dem Markt erhalten und haben gleichzeitig gute Fortschritte bei der Wiederinbetriebnahme der Werke erzielen können.
Zusammengefasst war es sehr anstrengend in den letzten Wochen…
Wir sind sicher, es wird weiterhin sehr angespannt bleiben aber langsam werden wir zuversichtlicher und wir bleiben sehr fokussiert.
An diese Stelle auch ein Dank an unsere Belegschaft, die im Augenblick vieles durchmachen muss und trotzdem ihre volle Leistungsbereitschaft zeigt. Das beeindruckt uns sehr.