Fallbeispiele: Schäden mit bodengleichen Duschen
Bei der Planung und Ausführung gibt es zwei „Knackpunkte“
Bodengleiche Duschen werden im industriellen Bereich oder in Schwimmbädern und Sportheimen schon seit Generationen verbaut. Im privaten Wohnungsbau hat sich die barrierefreie Bauweise erst in den letzten 20 Jahren etabliert. Mittlerweile kann man fast pauschal behaupten, dass heute jedes neue Badezimmer eine bodengleiche Dusche erhält. Diese wird überwiegend als geflieste Fläche ausgeführt. Praktikabel ist aber auch die Verwendung von Duschflächen. Das sind flache Duschtassen ohne Anstaumöglichkeit aus Stahl-Email oder Acryl.

Bei der Planung und Ausführung von bodengleichen Duschen gibt es zwei „Knackpunkte“. Zum einen der Wasserablauf in Form einer Rinne oder Punktablaufes, sowie die Thematik der Flächenabdichtung und die fachgerechte Einbindung des Duschbereiches in die Abdichtung. Es ist klar, dass bodengleiche Duschsysteme eine wesentlich höhere Belastung für den Belag und das ganze System darstellen, als das im Vergleich bei einer Duschtasse mit einer Anstauhöhe von 5-10 cm der Fall ist. Wird bei einer herkömmlichen Duschtasse das Wasser immer im Stahl-Email oder Acrylkörper gefangen, wirkt bei einer Duschfläche oder bei einer gefliesten Dusche, das Spritz-und Brauchwasser viel stärker auf die Ränder, Fliesen, Fugen und Silikon ein.
Aus diesem Grund fordert proFliese und der ZDB in seinen Regelwerken bei solchen Bauweisen eine besondere Beachtung der Abdichtungsrichtlinien und die Verwendung von geeigneten, sprich „feuchteunempfindlichen“ Untergründen.
Die Bauweise „bodengleich“ oder „barrierefrei“ bringt mir immer wieder Gutachtenaufträge und Schadensfälle. Die Bauart stellt eine hochkomplexe Kombination zwischen Planung, Bauüberwachung, Ausführung des Untergrundes, Einbau der Abdichtung und Schnittstellen zwischen den Gewerken, dar. Sehr leicht und leider auch sehr oft passieren dabei Fehler und nicht selten entstehen große Schäden mit großen Schadenssummen.
Alleine in meinem 1-Mann Gutachterbüro sind in den Jahren 2010 bis 2024 zusammen etwa 30 Schadensfälle mit über 500 Duschplätzen und einem Streitwert von über 6 Millionen € zusammengekommen. Ganz sicher bin ich nicht der einzige Sachverständige der solche Fälle bearbeitet.
Die Schadensursachen sind dabei vielfältig. Auffällig sind handwerkliche Verarbeitungsfehler in der Abdichtungsebene. Falsche Anschlüsse von Manschetten an Ablaufteile. Aber auch Fehler der Planung, Bauüberwachung oder Versäumnisse zum Zeitpunkt der Abnahme.
Hier ein paar Beispiele:
In einem Wohnkomplex mit 100 Wohneinheiten war in den Plänen der Duschbereich mit Türen, also einer funktionierenden Duschabtrennung eingezeichnet. Die Handwerker bauten daher Bäder, bei denen planmäßig kein Wasser auf den Fußboden kommen sollte. Nach Fertigstellung verzichtete man jedoch auf die Duschabtrennungen, weil moderne „Walk-In“ Duschen ja viel schicker sind. Die Folge: Wasser auf dem Fußboden, Feuchte im angrenzenden Parkettboden, Türzargen beschädigt, Kapillarer Wassertransport unter den Fliesen. Schadensumme in 100 Wohnungen zusammen etwa 500.000 bis 1 Million €. Auslöser war, dass die Planung nicht bis Ende umgesetzt wurde und man meinte, dass eine Dusche mit 1 x 1 Meter Größe als Walk-In funktioniert. Die Handwerker traf grundsätzlich keine Schuld an dem Dilemma. Die Bäder waren einfach nicht konzipiert, die Dusche ohne funktionierenden Spritzschutz zu betreiben.
In einem Hotelzimmer wurde auf einer Holzbalkendecke versucht, eine bodengleich geflieste Dusche zu konstruieren. Die Kombination Estrich mit Fußbodenheizung, Wandablauf und nicht fachgerecht ausgeführte Abdichtung, führte am Ende zum Versagen der Konstruktion und zu einem kapitalen Bauschaden. Die historische Holzbalkendecke war nicht nur durchfeuchtet, sondern bereits morsch und musste ersetzt werden. Das Bad musste komplett zurückgebaut und die Geschoßdecke mit neuen Balken aufgebaut werden. Eine Kombination von Planungs-und Ausführungsfehlern führten zu einem Schaden von über 100.000 €.
In einer Industrieduschanlage hat die Abdichtung versagt und die Untergründe aus feuchteempfindlichen Baustoffen waren nach einigen Jahren Wasserbefall bereits verrottet und nicht mehr zu retten. Die Duschanlage musste komplett entkernt und erneuert werden. Schadenssumme 60.000 €
Im Erdgeschoß eines exklusiven Einfamilienwohnhauses, wurde eine bodengleiche Dusche mit Rinne in einem Quadratmeter Zementestrich verbaut. Direkt angrenzend der Boden des Bades mit einem Calciumsulfatestrich. Der Juramarmor das Badezimmers und des restlichen Erdgeschosses lag auf einem feuchteempfindlichen CA Estrich. Die Duschfläche war abgedichtet, der restliche Boden des Badezimmers nicht. Aufgrund Rückstau der Rinne, zog das Wasser unter den Feinsteinzeugfliesen des Duschbodens in den angrenzenden CA-Estrich mit Natursteinbelag, mit der Folge, dass das komplette Erdgeschoß „abgesoffen“ war. Schadensumme etwa 35.000 €
In einer öffentlichen Saunaanlage war neben einem Rohrleitungsschaden in der Wand, die Edelstahlrinne in falscher Bauart gewählt. Die Rinne hatte keinen Abdichtungsflansch. Somit konnte die vorhandene Abdichtung im Verbund (AIV-F) unter den Fliesen, nicht fachgerecht mit der Rinne verklebt werden. Die Folge nach einigen Jahren Betrieb war nicht nur das erkennbare Wölben und Abplatzen des Wandputzes und der Farbe, sondern eine komplette Unterspülung des Bodenaufbaus auf einer Fläche von etwa 250 qm. Die komplette Saunaanlage musste entkernt und erneuert werden. Schadenssumme etwa 350.000 €
Bei 100 Bädern einer Wohnanlage für Studenten, wurden Fehler beim Einbau der bodengleichen Duschtassen gemacht. Die in den Estrich und Fliesenbelag eingelassenen Acrylduschtassen waren nicht standfest montiert. Die Wannenranddichtbänder waren nicht im System des Duschherstellers und hatten an der Duschtasse keine Anhaftung. Bei Bewegungen der Duschen sind die Silikonfugen und das Wannenranddichtband abgerissen. Die Havarieabdichtung des Fliesenlegers unter den Duschtassen war schadhaft und hat nicht funktioniert. In der Folge ist Wasser unbemerkt unter die Dusche und in die Fußbodenkonstruktion eingedrungen. Da die Wände im Duschbereich mit Gipskartonplatten ausgestattet waren, konnte keine Reparatur der unteren Bereiche durchgeführt werden. Die Duschecken mussten komplett ausgebaut und erneuert werden. Gesamtschadenssumme verteilt auf Planer, Sanitär und Fliesenleger, etwa 500.000 €
In der Dusche im Obergeschoß eines Fitnessstudios hatte man die Duschanlage komplett auf feuchteempfindliche Untergründe gebaut. Die Wände aus Gipskarton, den Boden aus Holz-Spanplatten, dazu eine Bodenrinne. Als Gutachter wurde ich gefragt, was hier denn falsch gelaufen ist und warum die Dusche undicht und das Wasser in den darunterliegenden Anschlussraum mit Serverzentrale gelaufen ist. Die Schadenssumme hier war etwa 40.000 €. Einer der Fälle, die mich sprachlos machen. Material und Bauphysik zu vergewaltigen, sowie die existierenden Regelwerke nicht zu beachten bringt mich immer wieder in eine Situation, wo ich nicht weiß, ob ich weinen oder lachen soll.
Ich könnte endlos weitermachen. Die Konstruktionen die zu Schäden führen sind meist grotesk und hinterlassen mich oft kopfschüttelnd. Auffällig ist die Häufigkeit von Planungsfehlern. Wobei sehr oft die ausführenden Handwerker auch die Planer sind, wenn keine Ingenieure oder Architekten involviert sind. Eine Duschanlage oder auch die bodengleiche Dusche in einem privaten Bad komplett von Anfang bis zum Ende durchzudenken und in der Umsetzung auf alle Punkte zu achten, ist eine hohe Kunst.
Das Thema Badezimmerbau und Abdichtung ist in den proFliese Regelwerken, der ZDB „Schnittstellenkoordination Nassraum“ und dem „ZDB Merkblatt Abdichtungen im Verbund“ sehr gut erklärt. Die hier aufgezeigten Schadensfälle und die tatsächlich sehr hohen Schadenssummen, müssen dazu führen, dass bei der Planung und Umsetzung von bodengleichen Duschen eine besondere, eine erhöhte Sorgfalt angewendet wird. Im Rahmen der Planung und Koordination der Handwerker sind Themen wie Anordnung und Größe der Duschplätze, sowie Untergründe und Abdichtung sehr wichtig. Viele Schäden passieren durch Missachtung der Schnittstelle Sanitärbetrieb und Fliesenleger.
Große Beachtung bei den Anschlussdetails
Große Beachtung muss man den Anschlussdetails Rinne, Bodenablauf und der Flächenabdichtung widmen. Haben die Einbauteile ausreichende Flansche oder besser bereits schon werksseitig verklebte Manschetten? Wird die Abdichtung im Verbund oder eine passende Manschette dauerhaft auf der Edelstahlrinne anhaften?
Sehr wichtig ist auch die Wahl der Baustoffe. Nicht nur, für welche Art der Abdichtung man sich entscheidet, sondern auch die Wahl des Untergrundes. Aus Erfahrung und der Reflektion aller bekannten Schadensfälle, kann ich nur empfehlen, beim Bau von Bädern, Duschen oder bodengleichen Systemen, vor allem bei Flächen die planmäßig mit Wasser beaufschlagt werden, geeignete und damit meine ich „feuchteunempfindliche“ Untergründe zu verwenden. Oft sind die Folgeschäden und Sanierungskosten im Untergrund größer und teurer als die eigentliche Schadensursache.
Literatur:
proFliese Regelwerk AIV
proFliese Merkzettel Rinnen und Abläufe
proFliese Merkzettel Wassertransport
ZDB Merkblatt Abdichtungen im Verbund
ZDB Fachinformation Schnittstellenkoordination Nassraum
DIN 18534 (neu ab Herbst 2025)


