Furioses Comeback der BAU 2023 in München

Münchener Messe startet nach Corona-Pause mit erfolgreicher Neuauflage

Die BAU ist zurück. Nach einer mehrjährigen Pause, bedingt durch die Corona-Pandemie, hat sich die größte deutsche Baumesse mit einer erfolgreiche Neuauflage im internationalen Messereigen zurückgemeldet.

Dabei waren die Vorzeichen für eine erfolgreiche Veranstaltung alles andere als positiv. Eine extrem angeschlagene Baukonjunktur mit stark rückläufigen Zahlen, Bauherren und Renovierer, die angesichts steigender Energiekosten lieber sparen statt bauen, eine Welle von Absagen renommierter Hersteller, die nach der Corona Pause große Messen mit immensen Kosten mehr denn je infrage stellen, ein neuer Messetermin, der mitten im Start der Bausaion und kurz nach den Osterferien lag – schlechter konnten die Vorraussetzungen wohl kaum sein.

Und so begann die BAU am Montag noch sehr zurückhaltend, doch schon am Dienstag belegten sichtbar volle Messegängen, dass Besucher und Aussteller wieder „Lust auf Messe“ haben. Sicherlich müssen noch die offiziellen Zahlen der Messegesellschaft abgewartet werden und Besucher-Quantität heißt noch lange nicht, dass die Gespräche auch qualitativ hochwertig und erfolgreich waren, aber nach dem Feedback, dass uns die Aussteller in unseren Gesprächen in München gegeben haben, war dieses Messe ein voller Erfolg.

Die Halle A4 durfte sich in 2023 wieder zu Recht "Fliesenhalle" nennen.
Die Halle A4 durfte sich in 2023 wieder zu Recht “Fliesenhalle” nennen.

Fliesenbranche setzt sich gut in Szene

Für die Fliesenbranche war die BAU ebenfalls ein Lichtblick. Nachdem die internationale Fliesenindustrie der BAU jahrelang die kalte Schulter gezeigt hatte und man in den letzten Jahren Fliesenhersteller auf dem Messegelände wie die bekannte Nadel im Heuhaufen suchen musste, glänzte in 2023 die Halle A4 wieder als „Fliesenhalle“. Daran hatten auch die deutschen Fliesenhersteller maßgeblichen Anteil. Auch sie hatten die BAU in der Vergangenheit fast ausnahmslos aus ihrem Messekalender gestrichen. Aber in diesem Jahr hatte Dieter Schäfer, seines Zeichens nicht nur Vorstandsvorsitzender der Deutschen Steinzeug, sondern auch gleichzeitig Mitglied des Messebeirats der BAU, seine Geschäftsführer-Kollegen des Bundesverbandes Keramische Fliesen (BKF) davon überzeugen können, dass man auf der einzigen Heimmesse der Baubranche doch einmal Flagge zeigen müsse.

Bei einem eigenen Messerundgang zeigten die deutschen Hersteller der Presse ihre Neuheiten.
Bei einem eigenen Messerundgang zeigten die deutschen Hersteller der Presse ihre Neuheiten (v.l.n.r.): Peter Wilson, Geschäftsführer Steuler Fliesengruppe, Dr.Jörg Schwall, Villeroy & Boch Fliesen GmbH, Dieter Schäfer, Vorsitzender Deutsche Steinzeug, Patrick Schneider, Geschäftsführer Ströher Gruppe und Jens Fellhauer, Geschäftsführer des Bundesverbandes Keramische Fliesen (BKF).

Daneben gaben sich auch ein halbes Dutzend spanische Hersteller, der Portugiesische Fliesenverband sowie einige einzelne Hersteller aus Italien und Portugal in Halle A4 ein Stelldichein. Eine keramische Präsenz und Kompetenz, die auch von Besucherseite – in der bayrischen Metropole sind dies vorwiegend Planer und Architekten – positiv wahrgenommen wurde. Wir sahen aber auf der BAU unter den Besuchern auch einige deutsche Händler an den Fliesenständen.

Dramatische Rahmenbedingungen in der Bauwirtschaft

Apropos Händler: Mit der Baywa und der Eurobaustoff waren zwei Kooperationen mit eigenen Messeständen in München vertreten. Auf einer eigenen Pressekonferenz der Eurobaustoff tat sich Dr. Eckard Kern, Vorsitzender der Eurobaustoff-Geschäftsführung, gegenüber den Pressevertretern aber spürbar schwer damit, der aktuellen Situation der Bauwirtschaft noch etwas Positives abzugewinnen (lesen Sie dazu auch unseren getrennten Beitrag hier). Per 31. März 2023 verzeichnet die Kooperation für das erste Quartal ein zentral abgerechnetes Einkaufsvolumen von rund 1,96 Mrd. Euro und damit einen Rückgang von 10,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. „Der bereits im zweiten Halbjahr 2022 einsetzende Rückgang der Bautätigkeit ist damit auch bei uns angekommen. Insbesondere die spürbar nachlassende Investitionsbereitschaft wirkt sich neben den üblichen Witterungseinflüssen bereits in den ersten Monaten dieses Jahres aus“, so Dr. Kern auf der BAU in München.

Die vorgezogenen Umsätze des letzen Jahres, als der Handel aufgrund der Ukraine-Krise Versorgungsengpässe fürchtete und auf Vorrat orderte, schlagen nun über alle Vertriebsebenen deutliche Lücken in die Umsatzstatistiken. Auch die Preise sind im Sinkflug, denn viele Händler versuchen ihre Lager mit Dumping-Angeboten wieder leer zubekommen. Allen voran die ohnehin preisagressive Fliesenindustrie. Bei der Eurobaustoff registrierte man in den ersten Monaten des neuen Jahren einen Rückgang von minus 25 % bei Keramikfliesen! Nicht viel anders sieht die Situation bei der Zubehörbranche aus. Auch hier zahlt man nun die Zeche des Umsatzrausches in 2022. Man kann nur hoffen, das sich die Situation Ende 2023 wieder auf Normalniveau einpendelt.

Mega-Trend Nachhaltigkeit

Als übergeordnete Messemotto hatte die BAU 2023 übrigens das Thema Nachhaltigkeit ausgerufen. Vor allem die Bauchemiker hatten dieses Thema bereitwillig aufgegriffen, denn ihrer Branche tut diesbezüglich eine Imageverbesserung besonders gut. Und so wurden neue Nachhaltigkeit-Logos vorgestellt, eingesparte CO2-Werte publiziert und grüne Unternehmensziele vorgestellt.

Auch der portugiesische Herstellerverband APICER zeigte in München mit einem kleinen Stand Flagge. Marketingleiter Martin Chichorro stand den Messebesuchern Rede und Antwort.
Auch der portugiesische Herstellerverband APICER zeigte in München mit einem kleinen Stand Flagge. Marketingleiter Martin Chichorro stand den Messebesuchern Rede und Antwort.

Natürlich ist jede eingesparte Tonne CO2 wertvoll, aber die Grenze zum Greenwashing ist eng gesteckt. So tragen selbst kreierte Umwelt-Logos in unseren Augen nicht dazu bei, die Aussagekraft von nachhaltigem Handeln bei Verbrauchern und Kunden zu erhöhen und glaubwürdiger zu machen. Ohnehin ist die EU dabei hier eigenen Vorgaben zu entwickeln und spätestens dann dürften die eigenen Logos schnell wieder von der Bildschirmfläche verschwinden. Ein ganz anderen Weg in Sachen Nachhaltigkeit ist dagegen die Firma Botament gegangen, die mit BotaGreen gleich eine ganze Marke für nachhaltige Produkte auf der BAU vorgestellt hat (siehe auch unser Video hier).

Nachhaltige Produkte zu entwickeln und zu vermarkten kostet zudem Geld. Die Kosten dafür will die Industrie nach eigenen Aussagen in der Regel nicht an ihre Kunden weitergeben. Beim Handel sieht man das skeptisch. Nach den Preiserhöhungs-Orgien des letzten Jahres – allein die Eurobaustoff hat nach eigenen Aussagen 300% mehr Preiserhöhungen als üblich verzeichnet – ist der Handel gegenüber die Industrie in Sachen Preise dünnhäutig geworden.

Nichtsdestotrotz kehren Besucher und Aussteller mit zufriedenen Gesichtern wieder von der BAU 2023 nach Hause. Und der Termin für die nächste BAU in 2025 steht auch schon fest. Sie wird vom 13.-18. Januar 2025 staffinden. Dann wird die Münchener Messe wieder an ihren angestammten Termin im Januar zurückkehren. Hoffentlich schneit es dann nicht in München, sonst könnte man sich glatt an den Termin im April gewöhnen…

Schauen Sie zur BAU 2023 auch unsere zwei Dutzend Videos-Interviews hier an.

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