 
												Fliesen kleben nach dem Prinzip Klettverschluss
Interview mit Lukas Hädicke, Ardex Geschäftsführer Neues Bauen, zur neuen CircuTec Technologie
Die Nachricht, die letzte Woche in der Keramikbranche die Runde machte, dass Ardex eine völlig neue Klebetechnologie entwickelt hat, mit der sich bereits verlegte Fliesen wieder rückstandsfrei entfernen lassen, schlug hohe Wellen – ließ aber auch einige Fragen offen. Wir unterhielten uns deshalb dazu mit Lukas Hädicke, Ardex Geschäftsführer Neues Bauen.
Können Sie unseren Lesern einmal im Detail erklären, wie die neue Technik funktioniert? Es scheint nicht ganz leicht zu sein, zunächst einen guten und festen Klebeverbund herzustellen und dann wieder einen leicht lösbaren Untergrund zu haben?
Das ist absolut richtig. Nur durch eine völlig neue Bindemitteltechnologie ist es möglich, die Balance zwischen sicherer Verlegung und einfachem Rückbau zu erreichen. Unsere neue Technologie funktioniert im Prinzip wie eine Art Klettverschluss: Sie hält den Belastungen im vorgesehenen Einsatzbereich zuverlässig stand – auch wenn die Haftzugswerte bewusst niedriger ausfallen. Wird allerdings eine Hebelwirkung hinter der Fliese ausgeübt, löst sich der Verbund gezielt in der CircuTec-Schicht.
Unsere neue Technologie funktioniert im Prinzip wie eine Art Klettverschluss
Damit verlassen wir bewusst den klassischen Weg der Fliesenklebernorm – und schlagen stattdessen einen neuen, nachhaltigeren Pfad für die gesamte Fliesenindustrie ein. Im realen Aufbau, etwa in Kombination mit einer Gipskartonplatte oder einer Abdichtungsmembran, gibt es ohnehin Komponenten mit geringerer Haftzugsfestigkeit. Diese haben sich in der Praxis längst bewährt und gelten als ausreichend. Um allen Beteiligten beim Bauen außerhalb der Norm Rechtssicherheit zu geben, stellen wir auf Anfrage gerne eine Vorlage für eine Sonderkonstruktionsvereinbarung zur Verfügung.
Damit verlassen wir bewusst den klassischen Weg der Fliesenklebernorm
Wieso glauben Sie, haben sich die bislang in den marktbefindlichen Systemen von Sopro, Kiesel oder Schlüter-Systems mit Matten nicht durchgesetzt?
Viele der am Markt befindlichen Systeme sind darauf ausgelegt, den Untergrund schnell wieder belegereif zu machen. Mit CircuTec verfolgen wir bewusst einen anderen Ansatz: Wir stellen zusätzlich auch die Wiederverwendung der Fliese in den Vordergrund. Besonders wichtig war uns dabei, dass sich die etablierten Verarbeitungsprozesse nicht ändern – denn nur so bleibt die Einstiegshürde niedrig. Das Ziel ist klar: Mit technischer Leistung überzeugen und damit den Weg für nachhaltiges, zirkuläres Bauen in der Breite ebnen.

Kosten die neuen Kleber mit der CircuTec Technologie genauso viel wie die herkömmlichen Ardex Kleber?
Zum Start bringt Ardex zwei Produkte auf den Markt: Ardex C8 für trockene Innenräume und bei einer saugenden Seite sowie Ardex C8+R für Feuchträume bis W1-I und wenn weder die Fliese noch der Untergrund saugend sind. Beide Produkte werden preislich in das bestehende Ardex-Premium-Fliesenkleber eingeordnet – Nachhaltigkeit gibt es also zum gleichen Preis. Damit schaffen wir die Grundlage für eine breite Anwendung und zeigen, dass zukunftsorientiertes Bauen wirtschaftlich und attraktiv sein kann.
Nachhaltigkeit gibt es also zum gleichen Preis
Fliesenleger wechseln ja nur sehr ungern ihren Fliesenkleber, vor allem wenn das neue Produkt nicht in Leistung und Preis vergleichbar ist. Sie sprechen davon, dass die neue Technik „ohne Kompromisse bei der Qualität oder der Verarbeitung“ einsetzbar ist. Wie wollen Sie die Handwerker überzeugen?
Unsere Strategie ist klar: Wir möchten mit den Verarbeitungseigenschaften überzeugen. In den Pilottests haben wir den Fliesenlegern das Material einfach in die Hand gegeben – ohne über Nachhaltigkeit oder Rückbaubarkeit zu sprechen. Das Feedback war durchweg positiv: Besonders hervorgehoben wurden zum Beispiel Ergiebigkeit, Konsistenz und Standfestigkeit. Ein weiterer Pluspunkt ist die außergewöhnlich lange Topfzeit von bis zu zwei Tagen bei Ardex C8, die den Materialabfall auf der Baustelle deutlich reduziert.

Durch den nicht vorhandenen (Ardex C8) bzw. stark reduzierten (Ardex C8+R) Zementanteil sind unsere Produkte zudem besonders hautschonend. Dass unsere Technologie gleichzeitig nachhaltiger ist und den Rückbau der Fliesen ermöglicht, sehen wir für den Verarbeiter als wertvollen Zusatznutzen. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels kann der einfachere Rückbau an sich auch ein echtes Argument sein – er spart Zeit und macht die Arbeit effizienter. Wir ermutigen alle Fliesenleger, CircuTec einfach einmal selbst auszuprobieren – ganz unabhängig vom Nachhaltigkeitsaspekt.
Durch den nicht vorhandenen bzw. stark reduzierten Zementanteil sind unsere Produkte zudem besonders hautschonend.
Um ein Produkt dauerhaft und erfolgreich im Markt zu lancieren muss man nicht nur die Verarbeiter überzeugen, sondern auch den Handel, dass er die Vorteile des Systems richtig an den Kunden kommuniziert. Welche Hilfen gibt es dafür und wie begeistern Sie den Handel von der CircuTec Technologie?
Die bisherigen Gespräche mit dem Handel zeigen eine große Offenheit und Begeisterung für CircuTec. Der Grundgedanke einer rückbaubaren Fliese ist leicht nachvollziehbar und überzeugt in Kombination mit den hervorragenden Verarbeitungseigenschaften schnell. Zur offiziellen Einführung Anfang nächsten Jahres werden wir die Markteinführung gemeinsam mit unseren Partnern durch Schulungen, Trainings und gemeinsame Aktionen begleiten. Dabei sehen wir im engen Schulterschluss mit dem Handel viele Chancen, insbesondere auch im Objektbereich.
Die bisherigen Gespräche mit dem Handel zeigen eine große Offenheit und Begeisterung für CircuTec.
Die Idee, mit Mosa einen Fliesenhersteller mit ins Boot zu holen, scheint logisch und sinnvoll. War es einfach die Mosa Leute zu begeistern und wie sieht die Zusammenarbeit konkret in der Praxis aus?
Die Idee traf bei Mosa sofort auf offene Ohren, denn das Thema passt perfekt in die Cradle-to-Cradle-Strategie des Unternehmens. Gemeinsam vermarkten wir das Re-Tile-System, das aus Mosa-Cradle-to-Cradle-Fliesen und Ardex CircuTec besteht. Neben gemeinsamen Kundenbesuchen planen wir auch Veranstaltungen beim Handel, um die Vorteile des Systems praxisnah zu vermitteln. Im Mittelpunkt steht dabei die Zirkularität des Gesamtsystems – also das Zusammenspiel aller Komponenten zu einer kreislauffähigen Lösung.
Die Idee traf bei Mosa sofort auf offene Ohren…
Sie sprechen davon, dass die CircuTec Technologie nur bis 60×60 cm einsetzbar ist, was sicherlich einige bedauern werden, weil es ja schon länger einen Trend zu Großformaten von 80×80 oder gar 120×120 cm gibt, Ihnen also ein Großteil des Marktes verschlossen bleibt. Warum lassen sich nicht größere Fliesen mit der CircuTec Technologie verlegen?

ab sofort verfügbar, die offizielle Markteinführung
erfolgt in Deutschland zum Januar 2026.
Wir starten mit einem klar definierten Anwendungsbereich, in dem wir mit der neuen Technologie bereits heute die volle Funktionssicherheit gewährleisten können: Fliesenformate bis 0,36 m² (beispielsweise Fliesen im Format 60 x 60) in normal belasteten Innenräumen bis W1-I. Damit decken wir schon jetzt einen großen Teil des Marktes ab. Großformate stellen besondere Anforderungen, vor allem im Hinblick auf die Trocknungszeit.
Wir schließen sie jedoch nicht grundsätzlich aus – es hängt hier vom konkreten Aufbau, den Bedingungen und den Prozessen ab. Unsere Anwendungstechnik prüft solche Fälle gerne individuell und steht bei Fragen zur Verfügung. Für Außenanwendungen, hochbelastete Bereiche oder Projekte, bei denen eine schnelle Aushärtung benötigt wird – etwa bei niedrigen Raumtemperaturen – empfehlen wir weiterhin unsere bewährten klassischen Produkte. So stellen wir sicher, dass für jede Anwendung die passende Lösung bereitsteht.
Großformate stellen besondere Anforderungen, vor allem im Hinblick auf die Trocknungszeit.
Vita Lukas Hädicke
Lukas Hädicke (29) stammt aus Iserlohn und hat Betriebswirtschaftslehre in Hagen, Witten und St. Gallen studiert. Schon während seines Studiums sammelte er vielfältige Erfahrungen in unterschiedlichen Branchen – von der Wirtschaftsprüfung bis hin zur Strategieberatung. Vor rund zehn Jahren begann er seine Laufbahn bei Ardex als Praktikant in der globalen Unternehmensstrategie und verbrachte in diesem Rahmen auch Zeit in den USA.
2018 trat er fest ins Unternehmen ein und übernahm zunehmend Verantwortung in strategischen Projekten. Seit zwei Jahren ist Lukas Hädicke Mitglied der Geschäftsführung von Ardex Deutschland und verantwortet den Bereich „Neues Bauen“, der die Themen Industrie, Prefab/Modulbau und nachhaltiges Bauen umfasst. Mit der Entwicklung des CircuTec-Systems treibt er gemeinsam mit seinem Team eine Innovation voran, die zeigt, wie sich technologische Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit in der Bauchemie erfolgreich vereinen lassen.
 
			

 
				
