Die Steuler Fliesengruppe hat einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt. Puh, da mussten viele Marktteilnehmer am Dienstag Morgen erst mal durchschnaufen, als die Meldung durch die Medien ging.
Man hatte es schon geahnt, dass die Situation bei Steuler nicht rosig aussah. Erst einen Tag zuvor war eine Warnung zu einem möglichen Insolvenzverfahren durch die Presse gegangen. Dass es dann aber doch so schnell ging hat sicherlich keiner vermutet.
Wenn sich Deutschlands aktuell größter Fliesenhersteller – nach Menge – in die Hände eines Insolvenzverwalters begeben muss, ist das für die gesamte Branche keine gute Nachricht. Oder wie es ein User auf dem 1200Grad Facebook-Account ausdrückte: “Das ist echt ein schwarzer Tag für die Fliesenbranche.” Fakt ist: Irgendwas läuft schief in der Fliese, denn Steuler ist nicht der erste Hersteller, der diesen bitteren Gang gehen muss.
Sicher, die Lage in der Baubranche ist dramatisch. Langjährige Wegbegleiter der Fliese geben zu bedenken, dass sie eine solche Situation wie derzeit noch nie erlebt hätten. Aber andere Firmen in der Baubranche haben mit ähnlichen Sorgen zu kämpfen, nur wenige Firmen jonglieren allerdings aktuell so nah am Abgrund wie die Keramikhersteller, von denen viele in der Vergangenheit jedoch versäumt haben, in neue Technologien zu investieren. Auch den schwarzen Peter auf die Politik zu schieben ist zu kurz gegriffen.
Jetzt werden viele zudem das Argument bringen, dass die Energie intensive Fliesenbranche eben besonders stark mit den explodierenen Gas- und Stromkosten zu kämpfen hat. Aber das ist eigentlich nur die halbe Wahrheit. In Wirklichkeit hat die Fliesenbranche sich durch ihre selbst zerstörerischen Preiskämpfe in den letzten Jahren selbst ihr Grab geschaufelt. Das Produkt Fliesen – Design orientiert, wertbeständig, nachhaltig, langlebig etc. – wird fast immer unter Wert verkauft. Im wahrsten Sinne des Wortes ein ruinöser Wettbewerb! Man vergleiche nur mal die Preise, die die Vinylbranche für ihre Plastikböden erzielen kann.
Es ist also an der Zeit, dass sich ALLE in der Fliesenbranche mal an die eigene Nase fassen, ob sie nicht auch ein Stück dazu beigetragen haben, dass die Situation so ist wie sie gerade ist.
Zudem muss man betonen, dass der Horrorbegriff “Insolvenzverfahren” nicht gleichzusetzen ist mit “Pleite”, denn fast alle Firmen, über die wir in den vergangenen Wochen diesbezüglich berichtet haben, durchlaufen den Prozess eines vorläufigen Insolvenzverfahren und sehen gute Chancen sich wieder auf neue Füße zu stellen.
Bis dahin sollte man den betroffenen Unternehmen die Stange halten, weiter Ware kaufen, nicht in der Not wieder das Feilschen beginnen und einfach mal ein guter Geschäftspartner sein. Wünschen wir den betroffenen Unternehmen für ihre nächsten Schritte alles Gute!