Corona: Handel versucht Betrieb aufrecht zu erhalten
Vereinfachte Abholprozesse als eine von vielen Präventivmaßnahmen - alle Veranstaltungen abgesagt
Vor kurzem haben wir bereits darüber berichtet, wie die stark betroffene italienische Fliesen- und Zubehörindustrie derzeit mit der Krise umgeht. Auch im deutschen Großhandel haben wir uns umgehört, welche aktuellen Maßnahmen man angesichts der Corona Krise getroffen hat. Die Antworten zeigen: Es herrscht große Unsicherheit, welche gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zu treffen sind und welche langfristigen Auswirkung die Krise für die einzelnen Unternehmen haben wird. Momentan versucht man alles, um einen geregelten Geschäftsbetrieb so weit wie möglich aufrecht zu erhalten.
Standortschließungen
Fast alle befragten Händler berichten davon, das ihre Standort aktuell noch mehr oder weniger zugänglich sind „Wir halten uns aber natürlich an die gesetzlichen Vorgaben und schließen die Standorte dort, wo es notwendig ist,“ so Jan Lohmann von der Unternehmenskommunikation der hagebau.
Etwas anders sieht die Situation in Bayern aus. „In Bayern ist der Großhandel ausgenommen von Schließungen, ebenso Bau- und Gartenmärkte“ weiß Dr. Michael Mahler, Geschäftsführer von Bauwaren Mahler aus Augsburg zu berichten. Aus Bayern werden aber auch vereinzelte „Hamsterkäufe“ registriert. Das führt zu einem erhöhten Umsatz bei einigen Handelshäusern. Insbesondere Kleber wurden anscheinend in großen Mengen gekauft, berichteten einige Händler.
Auch bei Mobau Wirtz & Classen hat man aufgrund der Corona-Pandemie Vorkehrungen getroffen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. „Die zunehmende Verbreitung des Virus stellt uns vor neue Herausforderungen, mit denen wir bisher keinerlei Erfahrungen haben,“ heißt es in einem Schreiben an die Kunden. Die Niederlassungen des Unternehmens vom Niederrhein blieben aktuell wie gewohnt geöffnet. Dennoch haben hat man einige Vorkehrungen getroffen, um die persönlichen Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren. So bitte man im Beratungsgespräch als auch bei der Warenaushändigung um einen Sicherheitsabstand von 1,5 bis 2 Metern. Dazu wurden bestimmte Sicherheitsbereiche an den Kassen- und Thekenbereichen geschaffen. In den Mobau Wirtz Lägern wurden bestimme Bereiche geschaffen, um die Abholung der Ware unter Einhaltung der Sicherheitsabstände weiterhin zu gewährleisten. Außerdem bittet man darum, jegliche Dokumente mit dem eigenen Stift zu unterzeichnen.
Bei Schmidt-Rudersdorf sind alle Ausstellungen und der Verkauf an allen zehn Standorten geöffnet, die Warenabholung und Anlieferung finden regulär, aber mit erhöhten Vorsichtsmaßnahmen statt – so Henning Schmidt, Geschäftsführer Vertrieb bei Schmidt-Rudersdorf.
Bei der Stark-Gruppe gibt es zum aktuellen Zeitpunkt bei allen zugehörigen Marken keine Einschränkungen in den Öffnungszeiten oder der Warenfügbarkeit. Alle bis Ende Mai geplanten Veranstaltungen, wie Kundenseminare, Lieferantenveranstaltungen und Hausmessen, sind jedoch bis auf weiteres abgesagt und werden zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt, heißt es in einer Presseinformation des Unternehmens.
Die Wilhelm Linnenbecker GmbH & Co. KG. hat ihre gewerblichen Kunden gebeten, ihre Aufträge prioritär über die Onlineplattform Li.FLEX24 zu platzieren. Die Plattform bietet den Profi-Kunden eine 24/7-Bestellmöglichkeit, die Echtzeitabfrage der Bestände aller Fachhandelsstandorte, umfangreiche Suchroutinen und ein komplettes Belegmanagement. “Mit der Nutzung von Li.FLEX24 reduzieren wir die Kontakthäufigkeit und -intensität zwischen unseren Mitarbeitern und Kunden und können so ohne Einschränkungen und mit maximaler Sicherheit für alle Beteiligten das operative Geschäft fortführen.
Alternativ haben unsere Kunden die Möglichkeit, Bestellungen telefonisch oder per Email über unsere Niederlassungen aufzugeben, ” so Julian Philipp Tintelnot, Geschäftsführer Wilhelm Linnenbecker GmbH & Co. KG.. Linnenbecker hält die Abholbereiche zum jetzigen Zeitpunkt weiter geöffnet, wobei man hier strikt auf die Einhaltung der aktuellen Hygiene- und Sicherheitsempfehlungen achtet. Darüber hinaus installiert das Unternehmen derzeit in den Kundenbereichen Plexiglasscheiben als zusätzlichen Schutz vor Tröpfcheninfektionen.
Mitarbeiter im Home Office
Von der hagbau Zentrale wurden Empfehlungen ausgesprochen, wie die Mitarbeiter weiter vom Home Office aus arbeiten aussehen kann. Auch bei Mahler sind in jeder Abteilung Mitarbeiter im Home Office. Die Trennung einzelner Abteilungen ist auch deshalb sinnvoll, damit bei einem Ansteckungsfall nicht die gesamte Abteilung ausfällt. „Wir halten alle notwendigen Hygienevorschriften und alle Ratschläge der Behörden strikt ein,“ weiß Michael Mahler weiter zu berichten. Dazu gehört selbstverständlich auch, sich häufig die Hände zu waschen und Distanz zu Kollegen und Kunden zu halten.
Der Mobau Wirtz & Classen Außendienst befindet sich aktuell im Home-Office oder in der zuständigen Niederlassung und stellt vorerst die Kundenbesuche weitestgehend ein. Per E-Mail und Telefon sind die Außendienst-Mitarbeiter wie gewohnt zu erreichen.
Alle für den Weiterbetrieb neuralgischen Zentralbereiche wurden bei Linnenbecker bereits räumlich verteilt oder in den Home Office-Einsatz geschickt und so das operative Geschäft über Back-up-Szenarien abgesichert. In den Bereichen, in denen es die Aufgabenprofile der Mitarbeiter zulassen, hat man die Möglichkeit für Home Office eingeräumt und die Mitarbeiter entsprechend ausgestattet. “Zudem versuchen wir für alle Mitarbeiter mit direktem Kundenkontakt ein Höchstmaß an Sicherheit durch entsprechende, vom Robert-Koch-Institut empfohlene Maßnahmen zu gewährleisten. Zum Beispiel durch räumliche Trennungen und visuelle Kennzeichnungen zur Einhaltung von Mindestabständen sowie die Verteilung von Desinfektionsmitteln. Im Bereich des Abholgeschäfts und in der Zufuhr haben wir vereinfachte Regelungen getroffen, die eine Quittierung des Erhalts der Ware obsolet machen, um so das Infektionsrisiko durch persönlichen Kontakt weiter zu reduzieren, ” so Julian Philipp Tintelnot.
Kundenbelieferungen
Bei den meisten Unternehmen werden die Kunden so weiter beliefert wie bisher, heißt es in den Statements des Handels.
Um die Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren, bittet man bei Mobau Wirtz & Classen darum die Ware, wenn möglich, vorab per Telefon, E-Mail oder WhatsApp zu bestellen. „Dies ermöglicht uns, die Ware zu kommissionieren und die Wartezeit bei uns im Lager zu reduzieren,“ heißt es von Seiten des Unternehmens.
Schmidt-Rudersdorf bittet seine Profi-Kunden, verstärkt online zur Anlieferung oder Vorkommissionierung auf www.schmidt-rudersdorf.shop zu bestellen.
Auch die Stark-Gruppe empfiehlt ab sofort die Direktabholung der Waren im Lager und ermöglicht eine Bestellung via Telefon, E-Mail, Fax, Onlineshop oder WhatsApp, anstatt an der Theke im Verkaufsraum zu bestellen. Durch die vom empfohlene Direktabholung in den Niederlassungen wird es ermöglicht, dass die Kunden direkt in die Ladezone fahren und ihren Namen beim Lageristen angeben können. Dieser kommissioniert die Ware und stellt sie bereit, sodass die Kunden auch während des Verladeprozesses in ihrem Fahrzeug bleiben und den persönlichen Kontakt weitestgehend vermeiden. In dringenden Fällen stehen die Mitarbeiter im Verkaufsraum weiterhin für Beratung und Fragen zur Verfügung, so die Stark-Gruppe weiter in ihrer Presseinformation.
Finanzielle Einbußen
Bei den finanziellen Einbußen ist man sich einig: Dazu kann im Prinzip kein Unternehmen zum derzeitigen Zeitpunkt verlässlich Angaben machen. Fest steht: Es wird Einbußen geben – und das im erheblichem Umfang.
Dazu Julian Philipp Tintelnot: “Aktuell sind Einbußen durch die Coronakrise überhaupt nicht prognostizierbar. Ungeachtet dessen, dass wir zur aktuellen Stunde nicht von Einschränkungen betroffen sind, müssen wir in den nächsten Tagen mit diesen rechnen, meines Erachtens nach im ersten Schritt durch die Anordnung der Schließung unserer Geschäftsräume für Endverbraucher. Hier gibt es bereits erste Anordnungen im Landkreis Osnabrück, dass Bau- und Heimwerkermärkte nur noch an gewerbliche Kunden verkaufen dürfen. Darüber hinaus ist vollkommen offen, wie lange und in welcher Intensität derartige Einschränkungen andauern werden, so dass wir in der aktuellen Situation grundsätzlich von deutlichen Einbußen ausgehen müssen, ohne deren Höhe auch nur annähernd exakt vorhersagen zu können.”
Warenlieferungen
Der überwiegende Teil der Händler verspürt aktuelle noch keine Probleme an Waren zu kommen und diese an die Baustelle zu liefern. Auch bei Mahler sieht man noch keine Probleme: „Aber wir halten die Luft an. Einzelne Kunden haben schon Baustellen geschlossen“, so Michael Mahler.
Einige Händler haben zu Beginn der Krise die Lagerbestellungen deutlich erhöht. Dies betrifft hauptsächlich Waren aus Italien und Spanien. Aber auch wegen der Grenzschließungen zu Frankreich haben einige Handelshäuser erhöhte Bestellungen bei Villeroy & Boch vorgenommen.
Bei der Stark-Gruppe liegen alle Produkte auch weiterhin auf Lager und sind wie gewohnt verfügbar. „Wir stehen im täglichen Austausch mit unseren Lieferanten und informieren unsere Kunden bei jeglichen Änderungen der Liefersituation. Wir versichern unseren Kunden, alles zu unternehmen, sodass sie Ihrem Arbeitsalltag weitestgehend wie gewohnt nachgehen können,“ so Timo Kirstein, Geschäftsführer Vertrieb / CSO der Stark Deutschland GmbH.
Bei Linnenbecker hieß es dazu: “Aufgrund von Einlagerungsaktionen am Jahresanfang und unserer internen Rundtour, mit der alle Fliesenstandorte der Unternehmensgruppe untereinander im Austausch versorgt werden, ist unsere Warenverfügbarkeit derzeit gesichert, auch von Lieferanten aus Spanien oder Italien. Die reibungslose Belieferung unserer Kunden und der Baustellen ist dank unseres voll einsatzfähigen Fuhrparks aktuell ebenfalls gewährleistet.”
Große Unsicherheit herrscht angesichts der Corona-Krise auch bei der Eurobaustoff. „Als Kooperation selbständig agierender Fliesenfachhändler haben wir in der Zentrale keinen repräsentativen Überblick zur Situation bei unseren Gesellschaftern, zumal sich die Lage vor Ort / Bundesland stündlich ändert,“ weiß Franz-Josef Segin, Bereichsleiter Unternehmenskommunikation bei der Eurobaustoff zu berichten.