Cevisama: Eine fatale Fehlentscheidung
Viele kritische Stimmen zur Verlegung der spanischen Fliesenmesse
Die Cevisama in der Möbelmesse Hábitat aufgehen zu lassen, ist eine überaus riskante Entscheidung mit Folgen. Wir beleuchten, warum die Integration der traditionsreichen Fliesenfachmesse in die spanische Einrichtungsschau Hábitat für viele Branchenakteure einen Rückschritt bedeutet.
Mit der Entscheidung, die renommierte Fliesen- und Keramikfachmesse Cevisama ab 2025 in die Feria Hábitat Valencia zu integrieren (wir berichteten bereits hier), hat die Messeleitung einen überraschenden Kurswechsel vollzogen. Statt wie gewohnt im Februar als eigenständiges Branchenhighlight stattzufinden, wird die Cevisama künftig Teil des Hábitat-Messeformats im September.
Fakt ist: Das Messegeschäft befindet sich ganz klar an einem Wendepunkt. In vielen Branchen ziehen sich die Marktführer aus ihren Leitmessen zurück. Traditionellen Modelle werden infrage gestellt, die altbekannten Formate reichen oft nicht mehr aus, um Investitionen zu rechtfertigen. Seit Corona beurteilen zahlreiche Unternehmen zudem sehr kritisch, welche Nutzen große Messen noch für sie haben. Hausmessen erscheinen vielen Unternehmen rentabler und zielgerichteter.
Dennoch scheint die Cevisama ein der Branche eine sehr große Fangemeinde zu haben, wie die ersten Reaktionen zeigen. Die Stimmen aus der Branche reichen von Verwunderung bis offener Kritik. Viele Leser von 1200Grad brachten diesbezüglich ihr Unverständnis zum Ausdruck.
Stimmen aus der Branche

David Portalés Mañanós, der bei der Düsseldorfer Botschaft von Spanien in der Wirtschafts- und Handelsabteilung für die Betreuung der spanischen Fliesenindustrie auf dem deutschen Markt zuständig ist, hält die Entscheidung nicht für eine durchdachte Strategie:
„Die Entscheidung, die Cevisama und die Messe Hábitat auf denselben Termin Ende September zu legen, wirkt eher wie eine Übergangslösung als eine langfristig durchdachte Strategie. Und persönlich glaube ich nicht, dass dieses Modell einen echten Mehrwert für alle beteiligten Branchen schaffen kann. Ich weiß nicht, was im Februar in Castellón passieren wird. Aber ich bezweifle, dass die Showrooms gefüllt sein werden.“
Reinhard Fenski, Koordinator der AG Fliese, glaubt, dass diese Entscheidung der gesamten Region schaden wird: „Leider hat sich diese Entwicklung seit einiger Zeit abgezeichnet, als namhafte ASCER Mitglieder begannen, Hausmessen paralell zu der Cevisama zu veranstalten. Damit wurde die Entwicklung eingeleitet, die jetzt zur Aufgabe der Eigenständigkeit der Cevisama geführt hat.
Das schadet der spanischen Fliesenindustrie und der ganzen Region. Vielleicht ist es jetzt der Moment, über neue und innovative Messekonzeptionen nachzudenken, denn auch die Cersaie sieht sich mit ähnlichen Problemen konfrontiert.“
Michael Zink, Geschäftsführender Gesellschafter des Bayerischen Fliesenhandels, hält die Entscheidung für einen schlimmen Fehler: „Das ist für die europäische Fliesenbranche eine wirklich sehr, sehr schlechte Nachricht. Auch wir haben die Innovationskraft der spanischen Fliesenindustrie sehr geschätzt und haben auch deshalb regelmäßig die Cevisama besucht. Ich glaube die Verantwortlichen haben keine Ahnung, welch katastrophale Fehlentscheidung sie hier getroffen haben. Das ist ein schwerer Rückschlag für die ohnehin gebeutelte Branche. Dieses Loch kann und wird die Cersaie nicht füllen können. Schade!!! Ein schlimmer Fehler.“
Verlust an Profil und internationaler Strahlkraft
Mit diesen kritischen Meinungen stehen die Branchenfachleute nicht alleine da. In der Tat ist die Gefahr groß, dass die Cevisama von der internationalen Messebühne schnell ganz verschwinden wird. Denn die Cevisama hat sich über Jahrzehnte hinweg als eigenständige Leitmesse für Fliesen, Keramik, Baddesign und technische Lösungen etabliert – nicht nur auf dem spanischen Markt, sondern auch international, insbesondere in Süd- und Osteuropa, Nordafrika und Lateinamerika. Die Zusammenlegung mit der eher designorientierten Einrichtungsschau Hábitat gefährdet dieses klar umrissene Profil. Die Gefahr ist groß, dass die spezifischen Inhalte und Zielgruppen der Cevisama innerhalb der vielfältigen Themenwelt der Hábitat verwässert und nicht mehr gezielt angesprochen werden.

Unvereinbare Zielgruppen – begrenzte Synergien
Während die Hábitat vor allem Architektinnen, Innenarchitektinnen und Möbelhersteller anspricht, richtet sich Cevisama traditionell an Baufachleute, Fliesenhändler, Projektentwickler und technische Planer. Diese Besuchergruppen haben nur bedingt Überschneidungen – was dazu führen dürfte, dass viele bislang treue Besucher den neuen Rahmen als nicht mehr relevant empfinden. Auch ausstellerseitig stellt sich die Frage, ob sich die Investition in einen Messestand unter diesen veränderten Bedingungen noch lohnt.
Ungünstiger Messetermin im Jahresverlauf
Ein weiterer, relevanter Kritikpunkt betrifft den Zeitpunkt. Cevisama war bislang strategisch im Februar platziert – und damit früh im Planungs- und Orderjahr der Bau- und Renovierungsbranche. Die neue Terminierung im September bringt die Messe in Konkurrenz mit der Cersaie in Bologna, die für viele internationale Player bereits gesetzt ist. Hinzu kommt: Viele Produktentscheidungen und Budgets sind zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen – was die Messe für Fachbesucher weniger attraktiv macht.

Vertrauensverlust bei Ausstellern und Besuchern
Die Entscheidung zur Integration wurde von vielen Marktteilnehmern ohne vorherige breite Konsultation als einseitiger Schritt empfunden. Zahlreiche Aussteller und Besucher äußern Bedenken, dass sie künftig weniger Sichtbarkeit, geringeren Messeerfolg und damit einen Rückgang des Return on Investment erwarten. Langfristig droht ein Vertrauensverlust, der schwer rückgängig zu machen ist – und sich negativ auf die Rolle Valencias als internationaler Messestandort auswirken könnte.
Fazit: Eine Entscheidung mit großem Risiko
So nachvollziehbar der Versuch ist, durch Bündelung der Messen Synergien zu schaffen und Ressourcen zu optimieren – die Integration von Cevisama in die Hábitat könnte sich als strategischer Fehler erweisen. Die Messe verliert an Klarheit, Positionierung und Branchenbindung. Für viele Akteure bleibt zu hoffen, dass der Veranstalter bereit ist, den Dialog mit der Branche zu suchen und das Format gegebenenfalls erneut zu überdenken. Vielleicht wäre ein anderer Messestandort in Spanien, bei dem man nicht mal eben schnell nach Castellón zu den Herstellern rüberfahren kann, eine denkbare Alternative.


