„Wir sind bereit für den Aufschwung“

Andrea Zanni über die neue Strategie der Panariagroup Deutschland

Seit Anfang 2024 verantwortet Andrea Zanni gemeinsam mit Peter Wilson die Geschäfte der Panariagroup Deutschland. Im Interview mit 1200Grad spricht der Italiener mit langjähriger Portugal-Erfahrung über die Herausforderungen der Integration der ehemaligen Steuler-Gruppe, die Neuausrichtung der Marken und seine Sicht auf den deutschen Markt. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen blickt er optimistisch in die Zukunft – und setzt auf starke Produkte, klare Strategien und die Kraft der Zusammenarbeit.

Seit Anfang 2024 sind Sie als CEO gemeinsam mit Peter Wilson in der Geschäftsführung verantwortlich für die Panariagroup Deutschland. Wie ist Ihr persönliches Resümee nach den ersten Monaten?

Wir haben viel geschafft, was nicht einfach war. Unser Fokus lag zunächst darauf, die Versorgung unserer Kunden zu gewährleisten, indem alle Feinsteinzeug-Artikel aus Bremerhaven und Steingut-Artikel aus Mühlacker in die südeuropäischen Werke der Panariagroup transferiert werden mussten. Das war eine große Herausforderung für die Entwicklung und die Produktion an den jeweiligen Standorten.

Darüber hinaus stand die Integration der deutschen Aktivitäten in die Panariagroup im Fokus. Hierdurch entstand viel Gesprächsbedarf mit den Mitarbeitenden. Wir haben eine komplett neue Strategie und Philosophie erarbeitet – bei der uns besonders wichtig war, alle Mitarbeitenden zu überzeugen und mitzunehmen. Das ist uns gelungen, unsere Mannschaft steht geschlossen hinter der Neuausrichtung. Auch das Feedback von außen ist positiv – sei es für unseren Auftritt auf der BAU, den Markenrelaunch oder unseren angepassten Produktmix. Exemplarisch seien hier die neuen Großformate für den Wandbereich unserer Marke Kerateam genannt.

Apropos: Das Werk in Leisnig, was ja ursprünglich unter dem Namen Kerateam gegründet wurde, war und ist wichtiger Bestandteil unserer Aktivitäten. Unsere Technikerteams haben direkt mit Optimierungen und Anpassungen der Fertigungstechnologie sowie Prozessen im Werk gestartet, um effizienter produzieren zu können. Gleichzeitig wurden die Anlagen unmittelbar durch Investitionen in die Lage versetzt, höherwertigere Produkte herstellen zu können – vor allem Großformate (35×100 und 45×120 cm). Der Erfahrungsaustausch hat schnell zu Verbesserungen geführt – auch in anderen Werken der Gruppe. Eine Win-win-Situation für unsere Gruppe – und wir können weiterhin Wandfliesen „Made in Germany“ anbieten.

„Unsere Mannschaft steht geschlossen hinter der Neuausrichtung.“

Welche Eckpfeiler können Sie für Ihre neue Strategie für den deutschen Markt nennen?

Unser aktueller Fokus liegt darin, die Sortimente und ihren jeweiligen Absatz in höherwertigen Bereichen zu stärken – sprich: verstärkt größere Formate zu vermarkten, mit interessanten Deckungsbeiträgen für alle Beteiligten. Parallel schärfen wir die Markenprofile weiter. Steuler Design wird konsequent im höherwertigen Bereich angesiedelt, mit 6 mm-Feinsteinzeug bis hin zum Slab-Format. Grohn überzeugt als Allrounder mit sehr gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. Kerateam, als Spezialist für Wandfliesen, bietet mit den beiden neuen Formaten 35 × 100 cm und 45 × 120 cm nun auch Produkte für den höherwertigen Bereich an.

Handling von Slabs im Werk Fiorano
Handling von Slabs im Werk Fiorano

Bei unserer Strategie berücksichtigen wir, dass unsere Kunden auch Commodity-Produkte benötigen. Diese Produkte dienen der Optimierung der Fracht und ermöglichen es, höherwertige Produkte leichter im Mix mit Volumenprodukten zu beziehen. Entscheidend ist, dass die Profitabilität auf Kundenebene im Fokus steht.

„Bei unserer Strategie berücksichtigen wir, dass unsere Kunden auch Commodity-Produkte benötigen.“

Als gebürtiger Italiener mit langjähriger Portugal-Erfahrung sind Sie wohl nicht nur Geschäftsführer, sondern sicher auch ein Moderator zwischen Nord- und Südeuropa. Was ist anders in Deutschland?

Durch meine langjährige Tätigkeit für die Panariagroup in den USA und Portugal bin ich mit unterschiedlichsten Kulturen und Mentalitäten vertraut. Für unsere europäischen Standorte und Mitarbeiter kann ich sagen, dass die Gemeinsamkeiten bei weitem überwiegen. Unterschiede sehe ich im deutschen Markt eher in Nuancen – etwa bei Hausmessen oder im etwas konservativeren Geschmack der Endkunden.

Wir profitieren voneinander, wenn sich deutsche Zuverlässigkeit und südländische Kreativität verbinden. Den größten Unterschied sehe ich im kulinarischen Bereich – ich werde mich daran gewöhnen (lacht…).

„Wir profitieren voneinander, wenn sich deutsche Zuverlässigkeit und südländische Kreativität verbinden.“

Nach der Übernahme der Steuler-Gruppe haben Sie sich Wachstum auf die Fahnen geschrieben – was in dem aktuell schwierigen Marktumfeld wohl besonders schwierig sein dürfte. Wie sieht die Entwicklung aus und welche Ziele peilen Sie diesbezüglich an? Erhoffen Sie sich vom politischen Wechsel in Deutschland auch eine spürbare Wiederbelebung des Marktes?

Ehrlich gesagt: Wir Italiener verstehen nicht, warum so wenig Impulse aus Berlin kommen. Deutschland war immer der Motor der europäischen Wirtschaft, und die Baubranche war stets vorn dabei. Es besteht zweifellos ein hoher Bedarf an Wohnraum – im Neubau und in der Renovierung. Der Markt wird sich erholen, davon sind wir überzeugt. Die Übernahme war eine strategische Entscheidung, um uns besser im Markt zu positionieren. Der Aufschwung wird kommen – und wir sind bereit dafür.

Nach der Übernahme ging es auch darum, bei den ehemaligen Steuler-Kunden Vertrauen wieder zu gewinnen. Haben Sie das überall geschafft?

Ich würde sagen: ja. Es gab viel Gesprächsbedarf, besonders zur Positionierung der Panariagroup im deutschen Markt. Die Panariagroup genießt grundsätzlich eine gute Reputation in Deutschland, was die Gespräche erleichtert hat.

Die gewachsenen Beziehungen zwischen Kunden und Außendienst blieben bestehen. Das war ein wichtiger Faktor für das Vertrauen. Ich habe viele Kunden persönlich besucht – um zu lernen, zu erklären, und um Vertrauen aufzubauen. Natürlich gab es Herausforderungen, vor allem beim Transfer der Artikel. Aber mittlerweile haben sich die Prozesse eingependelt.

Es gab viel Gesprächsbedarf, besonders zur Positionierung der Panariagroup im deutschen Markt.

Auf der Bau 2025 feierte die Panariagroup Deutschland einen viel beachteten Auftritt mit einer neuen Markenausrichtung. Wie war die Resonanz dafür bei Ihren Kunden?

Messestand der Panariagroup BAU 2025 in München
Messestand der Panariagroup BAU 2025 in München

Die Messe war für uns ein Meilenstein. Wir wollten zeigen, wofür wir jetzt stehen – strategisch und technisch. Das Feedback in München war sehr positiv. Der Messeauftritt war eine bedeutende Investition, aber sie hat sich gelohnt: Wir konnten viele hochwertige Gespräche führen und zeigen, was unsere Werke heute leisten können. Auch unsere portugiesischen Marken Margres und Love Tiles sowie das Konzept Ceramic District kamen gut an – sowohl in Quantität als auch Qualität der Besucher.

„Wir wollten zeigen, wofür wir jetzt stehen – strategisch und technisch.“

In einer Zeit, in der die Produkte und Preise immer vergleichbarer werden, gewinnen Marken und somit das Marketing enorm an Bedeutung. Wie positioniert sich die Panariagroup Deutschland diesbezüglich?

Das ist genau unser Ansatz. Die geschärfte Markenpositionierung ist zentraler Bestandteil unserer Strategie. Wir investieren stark in Merchandising, Bemusterung und Webauftritt. Die neuen Webseiten sind online, jede Marke hat ihren eigenen Auftritt.

Auch am POS setzen wir neue Maßstäbe – mit modernen Mustertafeln, Displays für Großformate und durchdachtem Design. Technisch gehören unsere Werke zur Spitze – mit innovativen Oberflächen, Veredelungen und antibakteriellen Eigenschaften.

Die geschärfte Markenpositionierung ist zentraler Bestandteil unserer Strategie.

Die Panariagroup steht auch international für ein vielseitiges Portfolio an Marken im Fliesenbereich. Können Sie nachempfinden, dass einige Kunden diese Vielzahl an Marken auch verwirrend finden?

Wir verfolgen bewusst eine Mehrmarkenstrategie, um unterschiedliche Kundengruppen gezielt bedienen zu können. Wichtig ist, dass jede Marke einen Mehrwert bringt. In Deutschland bündeln wir viele Marken unter einem Dach – das vereinfacht den Prozess für unsere Kunden.

Serie Skanden in 120x120 der Marke steuler design
Serie Skanden in 120×120 der Marke steuler design

Letztlich bestimmt die Nachfrage die Anzahl der Marken. Und wenn ich auf der Cersaie bin und die Vielzahl sehe, frage ich mich auch: braucht es das? Aber die Kunden entscheiden – und offenbar wollen sie diese Auswahl.

Wichtig ist, dass jede Marke einen Mehrwert bringt.

Was muss ein Handelspartner in Ihren Augen in der heutigen Zeit leisten, um mit dem Produkt Fliese erfolgreich zu sein? Welche Bedeutung spielt in Ihren Augen in Zukunft der Online-Handel mit Fliesen?

Entscheidungen für hochwertige Fliesen fallen meist am stationären POS. Der Fachhandel mit Ausstellung und kompetenter Beratung ist dabei im Vorteil. Gleichzeitig müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Besucherfrequenz zu steigern und das Interesse am Produkt zu wecken.

Wir bekennen uns klar zum dreistufigen Vertriebsweg. Natürlich verändert sich durch die Digitalisierung einiges – hier entstehen Chancen, aber auch Risiken. Wir sehen uns als Unterstützer unserer Kunden, sowohl mit analogen als auch digitalen Tools.

Vita Andrea Zanni

Der 52jährige Andrea Zanni verfügt über eine umfangreiche Management-Erfahrung in der Fliesenindustrie. Seine Karriere begann in einem Unternehmen für Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung, bevor er die Position des Controllers bei einem multinationalen Unternehmen in der Fliesenbranche übernahm.

Nach seinem Einstieg in die Fliesen-Branche zog Zanni in die USA, wo er zunächst als CFO tätig war. Später wechselte er in die Position des Executive Vice President bei Floridatile, der US-Geschäftseinheit der Panariagroup. Nach fast neun Jahren in den USA zog er nach Portugal, um die Leitung der portugiesischen Geschäftseinheit des Konzerns, Grespanaria Portugal, zu übernehmen. Nach 11 Jahren in Portugal wurde Zanni im Jahr 2023 zum CEO der Panariagroup Deutschland berufen.

Seit Anfang 2024 verantwortet Andrea Zanni gemeinsam mit Peter Wilson die Geschäfte der Panariagroup Deutschland.
Seit Anfang 2024 verantwortet Andrea Zanni gemeinsam mit Peter Wilson die Geschäfte der Panariagroup Deutschland.

Background Panariagroup

Die Panariagroup Industrie Ceramiche S.p.A. ist eine multinationale italienische Gruppe, weltweit führend in der Produktion und dem Vertrieb von keramischen Fliesen für Böden und Wände. Mit mehr als 1.700 Mitarbeitenden, 10.000 Kunden, acht Produktionsstätten (3 in Italien, 3 in Portugal, 1 in Deutschland und 1 in den Vereinigten Staaten) und einem Umsatz von 452 Mio. € im Jahr 2022 ist Panariagroup einer der wichtigsten Hersteller von keramischen Bodenbelägen und Wandverkleidungen für das gehobene und das Luxussegment des Marktes.

Die Gruppe ist auf die Herstellung von Feinsteinzeug und laminiertem Steinzeug spezialisiert und hat sich auf die oberen und luxuriösen Marktsegmente konzentriert, die sie mit 14 Marken beliefert: Panaria Ceramica, Lea Ceramiche, Cotto d’Este, Blustyle und Maxa in Italien, Florida Tile in den USA, Margres, Love Tiles und Gresart in Portugal, Steuler Design, Grohn, NordCeram und Kerateam in Deutschland und Bellissimo in Indien. Die Marken sollen die Bedürfnisse unterschiedlicher Kunden in über 130 Ländern weltweit befriedigen, die jedoch das gleiche Interesse an der ästhetischen und technischen Qualität der Produkte haben.

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