Selbstbestimmtes Leben im Wohnprojekt „Festland“

Barrierefreie Bäder und eine ausgeklügelte Sanitärtechnik schaffen ein Zuhause für jüngere, chronisch kranke Menschen in der Hamburger HafenCity

Für jüngere, chronisch kranke Menschen gibt es kaum passende Wohnformen, die ihnen ein weitgehend unabhängiges, selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Die gemeinnützige Organisation „Hamburg Leuchtfeuer“ möchte dies mit dem im November 2020 fertiggestellten Wohnprojekt „Festland“ in der Hamburger HafenCity ändern. Mittel zum Zweck sind unter anderem barrierefreie Bäder und eine ausgeklügelte Sanitärtechnik hinter der Wand.

Es ist ein Projekt mit Strahlkraft: Hamburg Leuchtfeuer, eine gemeinnützige GmbH, realisierte in der HafenCity der Hansestadt ein ungewöhnliches Wohnhaus für junge, chronisch kranke Menschen. „Festland“ heißt das Gemeinschaftswohnprojekt mit 27 Ein-, Zwei- sowie Dreizimmerapartments, verteilt auf sieben Stockwerken. Das 10,5 Millionen Euro teure, durch Spenden mitfinanzierte Gebäude liegt direkt am Wasser im neuen, künftig grünen und verkehrsberuhigten Quartier Baakenhafen. Die ersten Bewohnerinnen und Bewohner sind im Dezember 2020 eingezogen.

Ulf Bodenhagen, Geschäftsführer von Hamburg Leuchtfeuer und Jeannine Kontny, die als Bereichsleiterin für „Festland“ zuständig ist und bereits vor Ort arbeitet, freuen sich: „Festland bietet jungen Menschen eine Heimat, die trotz körperlicher Einschränkungen selbstbestimmt in einer eigenen Wohnung leben möchten“. Damit das gelingt, ist das komplette Gebäude barrierefrei gebaut. Auch das zukünftige Umfeld im neuen Quartier ist ideal, der Einzelhandel, viele Dienstleistungs- und Gastronomieangebote, sowie der Park sind zu Fuß bzw. mit dem Rollstuhl gut zu erreichen. Die Bushaltestelle liegt nur wenige Fußminuten entfernt. Hinzu kommt ein differenziertes Unterstützungskonzept.

„Hier im Haus gibt es viele attraktive Gemeinschaftsflächen, zum Beispiel einen großen Raum mit Küche für gemeinschaftliche Kochaktionen und Sitzecke für gemütliche TV-Abende. Für viele Menschen geht mit fortschreitender Erkrankung soziale Isolation einher, auch weil sie nicht mehr so viel unter Menschen gehen können. Durch Aktionen, die wir hier gemeinsam entwickeln und umsetzen, wirken wir dem entgegen,“ beschreibt Jeannine Kontny die Intentionen dieser Einrichtung.

Wer im Alltag auf Hilfe oder Pflege angewiesen ist, kann unkompliziert auf Unterstützungsdienste zugreifen. Die auf Menschen mit HIV oder mit anderen chronischen Erkrankungen spezialisierte psychosoziale Beratungsstelle „Aufwind“, mit der Hamburg Leuchtfeuer vor 25 Jahren begann, hat ihr Büro in separaten Räumlichkeiten des Neubaus bezogen. Einen Pflegedienst können sich die Bewohnerinnen und Bewohner individuell ebenfalls ins Haus holen.

Foto: Geberit

Barrierefreiheit ist gelebte Realität

Das Ziel sei es, den Bewohnerinnen und Bewohnern eine möglichst hohe Lebensqualität zu bieten, so Ulf Bodenhagen. „Das gelingt durch wertschätzende Gemeinschaft und Austausch auf Augenhöhe“. Wichtig Voraussetzung dafür ist ein barrierefreies Umfeld und eine intelligente Haustechnik, damit die Menschen möglichst selbstbestimmt in ihren Wohnungen und im Gebäude agieren können.“

Ulf Bodenhagen erklärt, wie Barrierefreiheit im Konzept der Wohnanlage umgesetzt wird. Rollstuhlfahrer gelangen ohne Hürden von der Tiefgarage bis in den 7. Stock. Alle Balkone sind schwellenlos erreichbar. Wer nicht die Kraft hat, Türen manuell zu öffnen, nutzt eine SmartCard. Damit muss die Person nur am Lesegerät vorbeigehen oder fahren und Türen, für die sie eine Zugangsberechtigung hat, öffnen sich automatisch. Nicht alle Funktionen sind direkt verfügbar. Vieles kann individuell nachgerüstet werden, um die Umgebungsbedingungen nach eigenen Bedürfnissen selbst regulieren zu können. Das bezieht sich zum Beispiel auf Fernbedienungen für die eigene Heizung, die Fenster, Lampen sowie die Wohnungs- und Haustüren.

„Eine voll barrierefreie Immobilie zu errichten, die so viel intelligente Gebäudetechnik enthält, ist schon etwas Besonderes“, sagt Bauleiter Vincent Grzywaczewski von der Aug. Prien Bauunternehmung.

Bewohnerinnen und Bewohner einbezogen

Nach diesem Prinzip ging Hamburg Leuchtfeuer bei der Planung der barrierefreien Sanitärbereiche vor: Es gibt eine Standard-Ausstattung sowie Nachrüstmöglichkeiten. Bei der Gestaltung der Grundrisse und der Auswahl der Produkte bezog der Bauherr die potenziellen künftigen Bewohner mit ein. „Wir haben zwar auch selbst viel Erfahrung, aber die wirklichen Experten sind die Menschen, die mit einer chronischen Erkrankung leben“, weiß Bereichsleiterin Jeannine Kontny.

Foto: Geberit

Bei der Bemusterung der Sanitärkeramik war eine Rollstuhlfahrerin gewissermaßen als Testerin dabei. Zur Wahl stand der Waschtisch „Renova Comfort Square“ und das spülrandlose Wand-WC „Renova Comfort“ (beides von Geberit). Beides wurde von der „Testerin“ positiv bewertet: Der Waschtisch mit seinem Unterputz-Siphon lasse sich bequem unterfahren. Die Keramik sei so geformt, dass sie sich leicht greifen lässt, um sich festzuhalten oder heranzuziehen. Das Becken hat vorne eine erhöhte Zone, die als Ablagefläche dienen kann, auch dann noch, wenn es etwa zur Hälfte mit Wasser gefüllt ist.

Höhenverstellbare Toiletten und Dusch-WC

Das WC wurde in den Wohnungen so montiert, dass es in der Höhe verstellt werden kann. Für die Trockenbauer nicht alltäglich, weil statt des gewöhnlichen runden Lochs für diese Toiletten eine rechteckige Aussparung in der Beplankung erforderlich ist. Außerdem weist es eine größere Ausladung auf, was es den Rollstuhlfahrern das Umsetzen vom Stuhl auf die Toilette erleichtert. Stützklappgriffe sind nur in den zwei öffentlich zugänglichen Sanitärräumen im Haus bereits eingebaut, denn längst nicht jede bzw. jeder benötigt sie. Die nötigen Montageplatten in der Wand sind allerdings in allen Bädern vorgerüstet, so dass sich die Griffe inklusive Fernauslösung bei Bedarf leicht nachrüsten lassen.

Eine weitere Besonderheit: „Unsere Installateure montierten gleich eine Zuleitung für ein Dusch-WC, das sich somit ebenfalls später ergänzen lässt“, erklärt der Bauleiter. Dann könne beispielsweise der WC-Sitz durch einen Dusch-WC-Aufsatz ohne Zusatzaufwand ausgetauscht werden. Ein Dusch-WC bietet nicht nur grundsätzlich wegen des Verzichts auf Toilettenpapier hygienische und komfortable Vorteile. Für Menschen mit Bewegungseinschränkungen bedeutet das, dass sie auf diese Weise die Toilettenhygiene ohne fremde Hilfe bewerkstelligen können.

Installationssysteme für schnelle und sichere Montage

Den sanitären Komfort vor der Wand ermöglichen intelligente für die Nutzer unsichtbare Systeme hinter der Wand. Hier galt nicht zuletzt das Augenmerk der Wirtschaftlichkeit und rationelle Montage. So wurden die Register für die Installations- und Schachtsysteme mit dem Installationssystem GIS (von Geberit) industriell vorgefertigt und mit bereits montierten Entwässerungsleitungen sowie Versorgungsleitungen angeliefert. Die industrielle Vorfertigung ermöglicht eine schnelle, sichere und wirtschaftliche Montage auf der Baustelle. Alle Anforderungen an Schall-, Brand- und Feuchteschutz sind gewährleistet.

Foto: Geberit

Interessierte finden weitere Informationen unter www.hamburg-leuchtfeuer.de/festland.

„Hamburg Leuchtfeuer“ wurde 1994 als gemeinnützige Gesellschaft gegründet. Ursprünglich aus dem Aidshilfe-Kontext entstanden, ist Hamburg Leuchtfeuer heute eine gemeinnützige Organisation für alle Menschen, unabhängig vom Krankheitsbild. Neben Aufwind, der psychosozialen Begleitung für Menschen mit HIV oder weiteren chronischen Erkrankungen, und dem Hospiz für schwerkranke und sterbende Menschen, umfasst das Netzwerk seit 2007 auch das Lotsenhaus in Hamburg-Altona, ein Haus für Bestattung, Bildung und Trauerbegleitung. Im Dezember 2020 eröffnete zudem das barrierefreie Wohnprojekt Festland für junge Menschen mit chronischen Erkrankungen. Dieses liegt im Quartier Baakenhafen der HafenCity Hamburg.

Ein Beitrag unseres Redaktions-Partners https://steinkeramiksanitaer.de

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