25 Jahre Uwe Scherer: Ein Mann der Fliese
Der Geschäftsführer des Fliesenfachhandels Niederer im Interview mit 1200Grad
Herr Scherer: Wie sind Sie zur Fiese gekommen?
Ursprünglich komme ich aus der Metallverarbeitenden Industrie. Nach meiner Ausbildung habe ich in den Vertrieb Außendienst für Schweiß Technik und Technische Gase gewechselt. Ich habe das Verkaufen im Außendienst von der Pike auf gelernt. Später war ich Verkaufsleiter Innendienst. Während meiner Tätigkeit bei Namhaften Unternehmen, wie Oerlikon Schweiß Technik und der Linde AG Gase, habe ich dual Betriebswirtschaft studiert. Zu diesem Zeitpunkt wurde ich durch eine Zeitungsannonce auf die Fa. Niederer aufmerksam.
Niederer suchte damals einen Assistenten der Geschäftsleitung. Nach meiner Bewerbung im Jahr 1997, hat es dann noch ein Jahr gedauert, bis eine Entscheidung getroffen wurde und ich im Oktober 1998 als Assistent der Geschäftsleitung eingestellt wurde. Im Februar 1999 gab es interne Veränderungen und es ergab sich die Möglichkeit den Vertrieb Fliese zu übernehmen. Diese Aufgabe begleite ich bis heute.
Ich habe das Verkaufen im Außendienst von der Pike auf gelernt.
Was ist das schönste Erlebnis aus Ihrer bisherigen Berufszeit?
Persönlich ist es die Ernennung zum Geschäftsführer und Gesellschafter im Hause Niederer. Aufgabenbezogen ist es die Integration der gekauften Fliesenhandelshäuser, von Villeroy & Boch im Jahr 2017, in die Struktur der Niederer GmbH. Es war für mich die größte berufliche Herausforderung, gemeinsam mit meinen Geschäftsführerkollegen, diese neuen Unternehmen und Menschen zu einem erfolgreichen Bestandteil unserer Unternehmensgruppe zu gestalten. Meinen Beruf selbst sehe ich als größtes Erlebnis. Im Vordergrund sehe ich die Menschen, die ich in 25 Jahren meiner Tätigkeit kennenlernen durfte. Mich immer wieder auf unterschiedliche Charaktere, einzulassen finde ich ist die größte Bereicherung meiner Tätigkeit.
Meinen Beruf selbst sehe ich als größtes Erlebnis.
Was ist das Ereignis, an das sich sich nicht so gerne erinnern?
Ich musste hier ein wenig überlegen. Jedes Ereignis, egal in welcher Form hat seine Reize und es macht Spaß diese Dinge anzugehen und zu bewältigen. Wenn ich etwas nennen soll, kann man sicherlich die Auflösung der Bauco als die einzige Fliesenkooperation erwähnen. Wir hatten in diesem Kreis immer eine hohe Effektivität.
Im Moment stehe ich den aktuellen Ereignissen skeptisch gegenüber.
Im Moment stehe ich den aktuellen Ereignissen skeptisch gegenüber. Die schwierige Lage birgt die Gefahr, dass wir uns in unserer Branche weiter auseinander dividieren. Das würde die Tür für andere alternative Branchen weiter öffnen. Letztendlich haben wir als Händler und Industrie das gleiche Ziel vor Augen. Die Fliese muss weiter ihre wesentliche Rolle im Neubau und der Renovation behalten. Das schaffen wir nur gemeinsam.
Welche Persönlichkeit aus der Fliesenbranche hat Sie nachhaltig am meisten beeindruckt?
In der Fliesenbranche sind es Menschen wie Hans Henrich Tintelnot und Burkhard Aschendorf. In meinen ersten Jahren, in dieser Branche, konnte ich von diesen Personen viel lernen. Besonders die Geradlinigkeit, Verbindlichkeit und das strategisches Denken in allem was sie getan haben, waren für mich und meine berufliche Laufbahn prägend. Nachhaltig Beeindruckt hat mich aber die Familie Niederer mit Herrn Albert Niederer an erster Stelle und gefolgt von seinem Sohn Michael Niederer. Das Vertrauen, welches mir in meiner Laufbahn entgegengebracht wurde, gibt es sicherlich selten. Zudem ist es manchmal nicht einfach mich auszuhalten. Man hat mich einfach machen lassen und ich denke am Ende hat es gepasst.
Man hat mich einfach machen lassen und ich denke am Ende hat es gepasst.
Wie denken Sie über die aktuellen Probleme der deutschen Fliesenindustrie? Was muss der Handel in Zukunft anders und besser machen um überlebensfähig zu bleiben?
Seitdem ich in dieser Branche tätig bin, gab es kein Jahr das nicht mit irgendwelchen Problemen der deutschen Fliesenindustrie behaftet waren.
Viele Themen wurden zu spät oder gar nicht angegangen. Nur ein paar wenige Unternehmen haben es geschafft, mit der ausländischen Konkurrenz Schritt zu halten.
Insbesondere in Sachen Technologie, Design und Format hinkt man noch heute deutlich hinterher. Zudem hat man an alten Preis und Konditionsmodellen festgehalten, die eher verkaufsverhindernd als verkaufsfördernd sind. Letztendlich hat man sich aber immer wieder gefangen und es ging weiter.
Jetzt aber sind wir in einer Zeit, wo Fehler nicht verziehen werden. Wenn dann noch Einflüsse dazu kommen, die man nicht beherrschen kann, bricht das Kartenhaus zusammen.
Seitdem ich in dieser Branche tätig bin, gab es kein Jahr das nicht mit irgendwelchen Problemen der deutschen Fliesenindustrie behaftet waren.
Um nicht den Stab über der Industrie zu brechen, glaube ich waren die Jahre 2022 und 2023 schon eine große Herausforderung. Die Energiepreisentwicklung alleine war schwierig genug und hat Spuren hinterlassen. Die alleine wäre aber zu meistern gewesen. Dazu gesellte sich dann die aktuelle Krise in der Bauwirtschaft, die Inflation, die hohen Zinsen und Verunsicherung der Menschen durch eine ideologische und nicht wirtschaftlich orientierte Führung unseres Landes. Das ist dann zu viel.
Wer jetzt keine klare Struktur geschaffen hat und sich keine Nischen in unserer Branche gesucht hat, wird es schwer haben diese Zeiten zu überstehen.
Letztendlich werden wir, als auch die Industrie, diese Zeit meistern. Es geht immer irgendwie weiter.
Letztendlich werden wir, als auch die Industrie, diese Zeit meistern. Es geht immer irgendwie weiter.
Der Handel hat herausfordernde Zeiten vor sich. Als erstes kämpfen wir, wie viel andere Branchen, mit dem Fachkräftemangel. Um der Stellung eines Fachhandels gerecht zu werden, brauchen wir engagierte und qualifizierte Mitarbeiter. Wenn wir die nicht finden besteht zum Online Handel und Baumarkt keine Differenzierung mehr. Hier müssen wir uns für neue Arbeitszeitkonzepte und Leistungen für den Mitarbeiter über das monetäre hinaus öffnen. Weiterbildung und Mitarbeiter Förderung müssen fester Bestandteil in den Handelshäusern werden. Das schließt die Attraktivitätssteigerung unserer Unternehmen und Branche für junge Leute, die ein Ausbildung beginnen wollen mit ein.
Weiterhin müssen wir unsere digitale Kompetenz optimieren. Die erste Kaufentscheidung wird digital getroffen. Wenn du hier nicht präsent bist, kommst du nicht in den Entscheidungstopf des Konsumenten. Zur digital Transformation gehört aber auch eine digitalisierte Lagers Systematik und Logistik.
Ebenfalls müssen unsere Ausstellungen sich neu erfinden. Klasse statt Masse.
Weiterhin müssen wir unsere digitale Kompetenz optimieren.
Als zentralen Punkt sehe ich aber den Handwerkermangel. Wer soll unsere Produkte noch verarbeiten? Handwerksbetrieb schließen, strukturieren sich um, zu kleineren Einheiten und finden keinen Nachwuchs. Die wenigen die bleiben, können jeden Preis aufrufen und machen dadurch die Fliese für viele Endverbraucher unerschwinglich. Alternative Beläge gewinnen somit immer mehr an Bedeutung. Steingut ist schon lange Rückläufig und die Bodenfliese wird ihr folgen. Wir müssen uns mehr öffnen für den Direkten Weg zum Endverbraucher. Dazu gehören neben den entsprechenden Marketingmaßnahmen attraktive und klare Preiskonzepte. Die verbleibenden Handwerker müssen wir mit Service und Dienstleistungen an uns binden. Wie auch bei unseren Mitarbeitern gehört hier das Angebot an Fachschulungen und Weiterbildung für Keramik und Zubehör mit dazu.
Als zentralen Punkt sehe ich aber den Handwerkermangel.
Wir werden diese Zeit auch wenn es schwer wird meistern. Davon bin ich überzeugt. Das Ziel einer Krise sollte nicht der Rückgang sein, sondern der Fortschritt.
Vita Uwe Scherer
Uwe Scherer 09.12.1964 58 Jahre alt. Verheiratet, 2 Kinder.
Geschäftsführender Gesellschafter Bereich Fliesen und Bauelemente
1985-1995 Vertrieb Oerlikon Schweißtechnik und Linde AG Gase.
1992-1995 Duales Studium der Betriebswirtschaft
1995- 1998 Verkaufsleiter Innendienst Oerlikon Schweißtechnik
1998 Niederer GmbH Assistent der Geschäftsleitung
1999 Niederer GmbH Abteilungsleiter Fliesen
2001 Niederer GmbH Prokurist
2006 Niederer GmbH Geschäftsführer Bereich Fliesen
2007 Niederer GmbH Beteiligung als Gesellschafter
Bis heute Geschäftsführender mit Gesellschafter für vier Niederlassungen und 120 Mitarbeitern.
Verantwortlich für Vertrieb, Einkauf und strategische Entwicklung des Bereiches Fliesen und Bauelemente.