Die Betrachtung des 1. Halbjahres bleibt für die Bau- und Gartenfachmärkte in Deutschland, Österreich und der Schweiz diffizil. Eigentlich sollte nach dem schon prognostizierten Quasi-Ende der Pandemie ab dem Frühjahr wieder mehr Handels-Normalität in die Märkte einziehen – doch weltweit nach wie vor hohe Fallzahlen behindern Produktion und Lieferketten weiterhin und der Krieg gegen die Ukraine sorgt nicht nur für weitere Störungen in der Lieferkette, sondern treibt neben der Verunsicherung der Verbraucher auch Inflation und Preise in fast jedem Bereich. Dies lässt Kundinnen und Kunden weitaus vorsichtiger agieren und Investitionen zurückhalten. Ein direkter Vergleich der Umsatzentwicklung zum Vorjahreszeitraum bleibt indes weiter schwierig, da hier noch Phasen des (teilweisen) Lockdowns berücksichtigt werden müssen.
Die reinen Fakten: In Deutschland stieg der Umsatz in den ersten sechs Monaten 2022 um plus +14,9 Prozent (auf gleicher Fläche um plus +14,3 Prozent) und erreichte einen Wert von 11,52 Mrd. Euro. Der sehr hohe zweistellige Anstieg aus dem ersten Quartal, der aus dem direkten Vergleich zu Lockdown-Phasen in Deutschland 2021 resultierte, relativiert sich im 2. Quartal deutlich und weist nun aktuell eine Quasi-Stagnation (+0,4 Prozent) aus. In Österreich und der Schweiz zeigt sich die Zurückhaltung der Käuferinnen und Käufer ebenfalls. Bei einem Bruttoumsatz von 1,61 Mrd. Euro bleibt in Österreich ein Rückgang von -0,4 Prozent für die ersten sechs Monate zu verzeichnen. Effekte der harten Lockdowns (jeweils rund um die Jahreswechsel) bleiben hier ebenfalls nicht aus. In der Schweiz setzten die Bau- und Gartenfachmärkte im Halbjahr 1,96 Mrd. Schweizer Franken um, dies entspricht einem Rückgang von -8,9 Prozent (auf gleicher Fläche von -10,5 Prozent). Auch hier bleiben aber direkte Vergleiche zum Vorjahreszeitraum durch verschiedene, zeitl. versetzte, Lockdownmaßnahmen im Land schwierig.
Trend zur Vorsicht wird deutlich
BHB-Hauptgeschäftsführer Dr. Peter Wüst besorgt deshalb auch eher der absehbare Trend für die nächsten Monate: „Die Zahlenvergleiche liefern in allen drei Ländern angesichts der unterschiedlichen Lockdowns derzeit ein verzerrtes Bild. Aber überall zeichnen sich nun deutlich bereits die ersten Auswirkungen von Inflation und der aus den unterschiedlichsten Gründen gestörten Lieferketten ab.“ So bleibt der Juni in Deutschland beispielsweise rd. 10 Prozent unter dem entsprechenden Vorjahreswert, einerseits ein Effekt aus dem Vergleich mit dem Lockdown-Ende 2021 und dementsprechend starker „Nachkäufe“, aber auch bereits Anzeichen dafür, dass die Menschen angesichts extremer Preissteigerungen bei Energie und Lebensmitteln viele andere, nicht zwingende Projekte eher zurückstellen. Dies lässt sich auch mit Blick auf die Sortimente erkennen. Bleiben in Deutschland aufs Halbjahr gesehen noch alle Warengruppen (außer Gartenmöbel) im Plus-Bereich, ist das Bild für den Monat Juni schon exakt andersherum, lediglich die Produkte des Sortiments Automotive legen hier zu, während besonders hochwertigere Güter aus dem Gartenbereich deutlich verlieren. In Österreich interessant: Mit Produkten aus dem Bereich Sanitär/ Heizung legt bereits eine Warengruppe zu, die bei der Unsicherheit der Gasversorgung sicherlich europaweit noch eine weit größere Rolle spielen wird. Auch die Schweiz zeigt in den Sortimenten durchweg Einbußen, im Sechs-Monats-Vergleich verliert am stärksten der Bereich Farben/ Malerzubehör mit -19,8 Prozent.
Ungewisse Aussichten
„Die Unsicherheit der Menschen angesichts der volatilen Entwicklungen wird die kommenden Monate deutlich prägen“, ist sich auch BHB-Vorstandssprecher Franz-Peter Tepaß sicher. „Allerdings ist und bleibt die Branche mit ihrem ausgesprochen vielfältigen Produktportfolio immer die wichtigste Anlaufstelle für Menschen, die ihre Wohnungen vor dem Winter noch energetisch renovieren, verbessern oder mit zusätzlichen Dämm- und Heizmöglichkeiten ausstatten wollen. Auch das ganze Thema Energieeinsparung können die Baumärkte in jeder gewünschten Breite und Tiefe anbieten – über moderne LEDs bis hin zu smarten Geräten, die bei Heizung, Beleuchtung und Verbrauchssteuerung sehr effektiv sparen helfen“. Wichtig sei aber besonders, dass der Handel nicht erneut durch politische Restriktionen in seiner Systemrelevanz behindert werde. „Dabei sind wir uns aber auch einer gewissen Vorbildfunktion durchaus bewusst“, so Tepaß, der auf umfangreiche Maßnahmen des DIYHandels verweist: So komme besonders im Bereich der Beleuchtung und der Verbrauchssteuerung bereits fast flächendeckend neueste Technik zum Einsatz, Um- und Neubauten bekommen mehr und mehr energetisch wirksame Ausstattungen.