Auf den Verbund kommt es an!

Dauerhafter Belagsaufbau mit Fliesen im Schwimmbadbau

Fliesenbeläge in Schwimmbecken unterliegen hohen Beanspruchungen. Um diesen dauerhaft standzuhalten, ist ein hoher Haftverbund zwischen den einzelnen Belagsschichten von großer Bedeutung. Ist der Verbund geschwächt, kann es zum gefürchteten Haftverbundschaden kommen. Die Gefahr einer Schwächung ist groß – sie kann bereits durch unzureichende Vorbereitung der Untergründe, zu kurze Trocknungszeiten oder zu frühe Belastung entstehen. Bei konsequenter Berücksichtigung einiger wesentlicher Grundsätze kann sie aber problemlos gebannt werden.

Ortstermin in einem öffentlichen Schwimmbad – Anlass: Der Fliesenbelag am Beckenboden hat sich in einem Teilbereich gelöst und die Fliesen haben sich dachförmig um etwa einen Zentimeter aufgestellt. Da ein glatter Abriss des Fliesenklebers von der Verbundabdichtung zu erkennen ist, wird prompt lautstark die Vermutung in den Raum gerufen, dass der Kleber nicht funktioniert hat. Bei genauerer Betrachtung jedoch ist an der Fliesenkleberschicht ein rötlicher Schimmer zu erkennen, der sich später als Überrest des Schlagschnur-Kreidepulvers identifizieren lässt, das zur Einteilung der Fliesenfelder auf der Abdichtung verwendet und nach Verwendung unzureichend entfernt wurde. Kann es tatsächlich sein, dass eine solch dünne Pulverschicht einen derart gravierenden Haftverbundschaden zu verantworten hat?

Haftverbundschaden: Untergrund/Fliesenrückseite mit Kreidepulverresten
Haftverbundschaden: Untergrund/Fliesenrückseite mit Kreidepulverresten. Foto: Sopro

Hohe Belastungen der Konstruktionen und Baustoffe

Der Fliesenbelag in einem Becken wird durch viele Faktoren hoch belastet. Das Füllwasser baut je nach Wasserspiegelhöhe einen hohen hydrostatischen Druck auf. Bei Befüllung und Entleerung des Beckens verändern sich die Druckverhältnisse drastisch. Die Temperatur des Füllwassers erzeugt zusätzliche Spannungen, die bei großer Differenz zwischen Wasser- und Beckenkörpertemperatur sehr hoch sein können. Weitere Spannungen können durch die Beckenkonstruktion selbst erzeugt werden: Konventionelle Zementbaustoffe haben die Eigenschaft nach dem Einbau durch Trocknung zu schwinden. Die Schwindung von Betonbauteilen kann je nach Zusammensetzung und Bauteildicke mehrere Jahre andauern. Estrich- und auch Putzmörtel schwinden ebenfalls, auch wenn sie im Becken im Verbund aufgebracht werden. Die Hauptschwindung von Beton ist bei guten Bedingungen in der Regel nach sechs Monaten und die von Verbundestrichen nach 28 Tagen abgeschlossen. Danach muss noch mit weiterem Restschwindhalten gerechnet werden.

Je weniger die Schwindung des Untergrundes zum Zeitpunkt der Fliesenverlegung abgeschlossen ist, desto höher sind die Spannungen, die im Fliesenbelag erzeugt werden. Die Übertragung der Spannungen vom Fliesenbelag in den Untergrund erfolgt durch den in der Regel verwendeten Dünnbettmörtel. Bei der Verwendung einer Verbundabdichtung unter dem Belag werden die Spannungen vom Dünnbettmörtel an die Abdichtung weitergegeben. Bei der direkten Verlegung der Fliesen auf Beton, Putz oder Estrich werden die Spannungen jeweils in diese Schichten übertragen. Ein Dünnbettmörtel der im Beckenbau üblicherweise verwendeten Qualität C2 muss nach allen Laborlagerungen (trocken, nass, unter Wasser) eine Oberflächenzugfestigtkeit von mindestens 1 N/mm² und eine Verbundabdichtung mindestens 0,5 N/mm² aufweisen. Rein rechnerisch könnte also an eine überkopf hohlraumfrei auf Verbundabdichtung verlegte Fliese des Schwimmbad-Standardformats 24 x 11,5 cm ein über 1,3 t schweres Gewicht gehängt werden, ohne dass diese abreißt.

Soweit die Theorie. Natürlich kann in der Praxis weder davon ausgegangen werden, dass eine hohlraumfreie Verlegung erfolgt, noch, dass die im Labor getesteten Festigkeitswerte der Materialien immer und überall erreicht werden. Denn schließlich können die Verarbeitung und die klimatischen Bedingungen auf der Baustelle einen maßgeblichen Einfluss auf die Festigkeit der Materialien haben. Dennoch stellt das hohe Sicherheitspotential von geeigneten und systemgeprüften Materialien auch unter normal üblichen Baustellenbedingungen einen hohen Haftverbund sicher.

Schwächung des Haftverbundes

Selbst das höchste Sicherheitspotential kommt jedoch zum Erliegen, wenn sich innenhalb des Belagsaufbaus stark trennend wirkende Schichten oder Fremdstoffe befinden. Haftungsmindernd bzw. trennend wirken Verunreinigungen wie Staub, Fette/Öle, Verschmutzungen oder Mörtelreste, Sinter- und Bindemittelschichten ebenso wie unzureichend ausgehärtete Komponenten des Belagsaufbaus. Die Schwächung des Haftverbundes kann zunächst zu einer lokalen Hohllage führen. Da der gesamte Belag jedoch durch die im Becken üblichen Belastungen unter Spannung steht, kann sich die Hohllage ausweiten. Dieses Phänomen lässt sich zum Beispiel beobachten, wenn in einem entleerten Becken hohl liegende Fliesenabschnitte aus dem Belag entfernt werden, und sich infolgedessen umliegende Fliesenabschnitte ebenfalls lösen. In diesem Fall führen die im Belag herrschenden Spannungen zu einem Abscheren des zuvor noch intakten Belags. Schwächungen des Haftverbundes müssen also unbedingt vermieden werden. Das kann durch sorgfältige Reinigung, Vorbereitung der Untergründe mit den jeweils geeigneten Verfahren sowie die konsequente Einhaltung von Aushärtungszeiten erfolgreich und nachhaltig erreicht werden.

Sorgfältige Vorbereitung der Untergründe

Beispiel für sehr gute Vorbereitung des Betons: Oberflächenzugwert > 4 N/mm²
Beispiel für sehr gute Vorbereitung des Betons: Oberflächenzugwert > 4 N/mm². Foto: Sopro

Vor Beginn der vorbereitenden Maßnahmen muss ein Untergrund zunächst auf haftungsmindernde Bestandteile geprüft werden. Betonoberflächen besitzen nach dem Betonieren in der Regel Bindemittelanreicherungen, eine sogenannte Schlämmeschicht, die mechanisch entfernt werden muss. Hierfür geeignete Verfahren sind Kugel- und Höchstdruckwasserstrahlen sowie Strahlen mit Strahlmittel (Sandstrahlen). Der gestrahlte Beton muss danach im Mittel eine Oberflächenzugfestigkeit von mindestens 1,5 N/mm² aufweisen, die durch Oberflächenzugmessungen überprüft werden muss. Estrichoberflächen können in einigen Fällen vergleichbare Bindemittelanreicherungen aufzeigen und sind dann auf gleiche Art und Weise vorzubereiten. Eine zuverlässige Beurteilung der Estrichoberfläche liefert die Ritzprobe. Im Zweifelsfall kann auch hier die Haftzugmessung durchgeführt werden. Bei der Vorbereitung durch Fräsen oder Schleifen verbleiben in der Regel haftungsmindernde Bestandteile auf der Oberfläche. Deshalb eignen sich diese Verfahren vor allem zur groben Vorbereitung der Untergründe vor dem Strahlen, z. B. für die Beseitigung alter Mörtelschichten in der Sanierung.

Alle Untergründe sind vor dem Auftrag einer Mörtelschicht gründlich zu reinigen. Obwohl er für die Reinigung nach wie vor sehr beliebt ist, ist der Besen lediglich für die Beseitigung von grobem Schmutz geeignet. Feine staubförmige Verunreinigungen lassen sich durch Kehren nicht zuverlässig beseitigen. Zudem werden selbst bei vorsichtigem Kehren Unmengen an Staub aufgewirbelt, die sich direkt danach wieder auf den Oberflächen ablagern. Für die sorgfältige Reinigung ist also ein Industriesauger mit ausreichender Leistung zu verwenden. Bei einer anschließenden Wischprüfung der Untergrundoberfläche sollten keine Staubreste mehr festzustellen sein. Wären also die eingangs erwähnten, durch Verwendung einer Schlagschnur flächig verteilten Kreidepulverreste entsprechend sorgfältig entfernt worden, hätte ein Haftverbundschaden vermutlich vermieden werden können.

Bei einigen Verunreinigungen der Oberflächen ist aber auch der Einsatz eines Industriesaugers nicht ausreichend. Anhaftende Stoffe, wie Fette/Öle, müssen mechanisch oder unter Zuhilfenahme von geeigneten Reinigungsmitteln entfernt werden. In Oberflächen mit sehr feiner Porenstruktur, wie z. B. Verbundabdichtungen, können sich Staubpartikel so festsetzen, dass sie nur durch Nassreinigung entfernt werden können. Optimal ist, baustellenbedingte Verunreinigungen der Oberflächen erst gar nicht zuzulassen. Insbesondere eine Verbundabdichtung sollte vor der Verlegung der Fliesen sowieso gut geschützt werden. Denn neben Verunreinigungen könnten auch mechanische Beschädigungen der Abdichtung weitgreifende Folgen haben. Zu empfehlen ist daher, die Abdichtung nach deren Trocknung abzudecken durch geeignetes Vlies, Papp- oder Getränketütenkarton. Besonders, wenn größere zeitliche Abstände zwischen den Aufträgen der einzelnen Belagsschichten zu erwarten sind und der Baustellenbetrieb und damit auch die Staub- und Schmutzerzeugung ungebremst weiterlaufen, sollten die gesamten Flächen abgedeckt werden.

Partieller Schutz der Abdichtung vor Verschmutzung und Beschädigung
Partieller Schutz der Abdichtung vor Verschmutzung und Beschädigung. Foto: Sopro

Verunreinigungen durch Probebefüllung

In den meisten Fällen sind zur Beurteilung des Reinigungsgrades der Oberfläche die sorgfältige optische Prüfung und die Wischprobe ausreichend. Manche Verunreinigungen können jedoch nahezu unsichtbar und daher besonders tückisch sein. Diese können zum Beispiel bei der Durchführung der Probebefüllung des Beckens entstehen. Grundsätzlich wird ein Becken zur Überprüfung der Dichtigkeit einer Dichtigkeitsprobe unterzogen. Die Regelwerke geben hierfür eine mindestens 14-tägige Befüllung des Beckens vor der der Fliesenverlegung vor. In unbehandeltem Wasser haben Mikroorganismen somit mindestens 14 Tage Zeit sich auszubreiten und sich in jeglichen Poren der Oberflächen abzulagern. Es bildet sich mitunter ein mikrobiologischer Trennfilm, der auch nach dem Ablassen des Wassers auf Oberflächen verbleibt. Je nach Ausprägung kann dieser nach Trocknung unsichtbar sein. Unbeseitigt entfaltet der Film seine fatale Wirkung als trennende Schicht erst dann, wenn er nach der Fertigstellung und Befüllung des Beckens wieder nass und damit angelöst wird. Die Folge: Eine Haftverbundschwächung, durch die sich die Fliese samt Verlegmörtel rückstandsfrei vom Untergrund lösen kann und die Schadensursache optisch nicht zu erkennen ist.

Zur präventiven Vermeidung von Mikroorganismen muss das Wasser bei der Probebefüllung gechlort werden. Zu empfehlen ist eine Chlormenge von 5-10 mg/l, die vorzugsweise als Granulat in das Wasser eingestreut wird. Auch diese erforderliche Chlorung ist kein Garant dafür, dass sich während der Probefüllung kein Film auf den Oberflächen bildet. Deshalb ist nach Entleerung des Beckens und kurz vor der Fliesenverlegung eine gründliche Nassreinigung der Flächen gegebenenfalls unter Einsatz von chlorhaltigen Reinigungsmitteln erforderlich. Zum sicheren mechanischen Abtrag jeglicher Verunreinigung sollten zudem weiche Bürsten zum Einsatz kommen. Die Flächen sind nach der Reinigung mit klarem Wasser abzuspülen und das Reinigungswasser ist vollständig zu entfernen.

Weitgehend vollflächige Bettung der Fliesen in der Klebemörtel

Je größer die Kontaktfläche zwischen Fliese, Verlegemörtel und Untergrund ist, desto besser kann auch der Haftverbund sein. Beträgt der Hohlraumanteil im Verlegemörtel beispielsweise ein Drittel, so ist der Haftverbund dadurch um bis zu einem Drittel reduziert. Grundsätzlich ist in solch einem Fall nicht automatisch mit einem Schaden zu rechnen. Das Risiko eines Haftverbundschadens in Verbindung mit weiteren Unzulänglichkeiten oder Schwächungen bzw. besonders hohen Spannungen wird jedoch deutlich erhöht. Zudem sammelt sich in den Hohlräumen Wasser an, das nach einiger Zeit mikrobiologisch belastet ist. Deshalb ist bei der Verlegung der Fliesen auf eine weitgehend vollflächige Bettung zu achten. Diese kann durch die Anwendung des kombinierten bzw. des Buttering-Floating-Verfahrens, bei dem der Verlegemörtel sowie auf die Fliesenrückseite als auch auf den Untergrund aufgetragen wird, sowie sorgfältiges Einschieben der Fliesen in das Mörtelbett gewährleistet werden. Das Verfahren ist für die Verlegung in Becken und auf den direkt damit zusammenhängenden stark nass-belasteten Flächen vorgegeben.

Einhaltung der Aushärtungszeiten

Wenn die Zeit drängt, weil der Eröffnungstermin unvermeidbar näher rückt, bekommen das insbesondere die zu zuletzt ausführenden Gewerke auf der Baustelle, und damit auch der Fliesenleger, zu spüren. Die Gefahr ist groß, dass sich der Zeitdruck nicht nur auf die Qualität der Ausführung auswirkt, sondern auch, dass Aushärtungszeiten vernachlässigt werden. Die ausreichende Aushärtung der Materialien ist im Hinblick auf den Gesamthaftverbund der Konstruktion jedoch unverzichtbar. Hierfür sind die Herstellerempfehlungen, unter Berücksichtigung der klimatischen Bedingungen, vor der Belastung unbedingt zu beachten. Das gilt besonders für Mörtel, die durch Wasser beansprucht werden. Werden beispielweise kunststoffmodifizierte Mörtel zu früh mit Wasser belastet, erreichen sie möglicherweise nicht ihre Endfestigkeit. Die bereits zuvor erwähnten Spannungen können dann früher oder später einen Haftverbundschaden einleiten.

Fazit

Mechanische Vorbereitung und Reinigung der Untergründe, weitgehend vollflächige Verlegung der Fliesen im Buttering-Floating-Verfahren sowie Beachtung der Aushärtungszeiten – werden diese drei wesentlichen Punkte bei der Ausführung aller Belagsschichten konsequent berücksichtigt, ist bei Verwendung von bewährten Systemkomponenten ein optimaler Haftverbund garantiert. Dieser ist dann sicher imstande den in Schwimmbadbecken üblichen Belastungen gegenüber dauerhaft zu bestehen. Zu empfehlen ist die Punkte bei der Ausführung der Arbeiten in jedem Projekt akribisch abzuarbeiten. Hierbei kann eine Checkliste sehr hilfreich sein.

Verlegung im kombinierten Verfahren
Verlegung im kombinierten Verfahren. Foto: Sopro

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