Jahresbilanz der italienischen Keramikhersteller besser als erwartet

Export zwischen -2 und -4%, Binnenmarkt Italien zwischen -11 bis 13%

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In der traditionellen Pressekonferenz des italienischen Industrieverbands der Keramikhersteller Confindustria Ceramica zum Jahresende am 18.12.2020 richteten Präsident Giovanni Savorani und Geschäftsführer Armando Cafiero den Blick zurück auf ein durch die Covid19 Pandemie geprägtes besonderes Jahr und auf das, was 2021 bringen könnte.

„Besser als gedacht“

Die Bilanz ist dabei „besser als erwartet“, denn nach dem sechswöchigen Produktionsstop im Frühling und dem zeitgleichen Einbruch praktisch aller Märkte weltweit war ein Umsatzeinbruch zwischen 14 und 15% vorhergesehen worden.

Ganz so schlimm ist es nicht gekommen, denn vor allem die Sommermonate brachten ein wieder Erwarten schnelle Erholung, so dass der Export  von  geschätzten 317 Millionen Quadratmetern mit „nur“ 2 %  in den roten Zahlen steht, während der italienische Markt mit -12% und 73 Millionen Qudratmetern auch durch die lange Schließung der Baustellen schlechter wegkommt.

Mit rund 330 Millionen Quadratmetern (-19,3%) zeigen die vorläufigen Zahlen zum Jahr 2020 auf der Grundlage von durch Prometeia ausgewerteten Branchendaten für die italienische Keramikfliesenindustrie ein Produktionsvolumen mit deutlichem Rückgang im Vergleich zu 2019 (dazu mehr hier bei 1200GRAD). Das ist nach 6 Wochen Produktionsstopp in den italienischen Werken nicht überraschend, bestätigt aber darüber hinaus den Trend der beiden Vorjahre.

Weniger deutlich ist der Einbruch bei den verkauften Quadratmetern: Mit geschätzt 391 Millionen. Quadratmetern (-4% gegenüber 2019) konnten erhebliche Lagerbestände abgebaut werden.

Getragen durch die positiven Ergebnisse auf den deutschsprachigen Märkten blieb der Absatz in Europa im Wesentlichen stabil und konnte mehr als 2/3 der Exporte abdecken. Für Westeuropa rechnet Prometeia mit einem Ergebnis von +2,2%, für Nordamerika mit -1,7%.

Unsicherheit ist auch zum Jahresende noch das prägende Wort. Ob, wo und wie schnell der Weg in eine neue Normalität mit einer gewissen Planungssicherheit gelingen wird, ist von vielen Faktoren abhängig. Einen Lichtblick bieten die geplanten massiven Impfkampagnen, fraglich bleibt nach wie vor, wie sich die Auftragslage der internationalen Baubranche entwickeln wird, wenn erst einmal der aufgestaute Auftragsbestand abgearbeitet wurde.

Entlassungen und Werkschließungen werden kurz- und langfristig nicht erwartet

„Wie wird die wirtschaftliche Situation angesichts Corona kurzfristig und langfristig für die italienischen Werke aussehen? Erwarten Sie Entlassungen bzw. Werkschließungen?“

Mit verhaltenem Optimismus und der Aussicht auf eine kurz- und mittelfristig relativ stabile Situation der italienischen Hersteller beantwortete Giovanni Savorani diese Fragen der 1200GRAD Italien Korrespondentin Alexandra Becker: „Ich bin ziemlich stark davon überzeugt, dass das Jahr 2021 für unsere Branche eine schnelle Erholung bringen wird.

Außer von den Schritten, die die einzelnen Regierungen auf den Weg bringen, wird dies in erster Linie davon abhängen, ob sich auf den Märkten nach der massiven Impfkampagne eine optimistische Grundeinstellung verbreitet.“

Bisher waren ca. 20.000 Arbeitnehmer in der Keramikbranche durch die von der italienischen Regierung bis März 2021 verlängerten Maßnahmen wie Kurzarbeit und Entlassungsverbot betroffen. Savorani sieht aktuell keine Veranlassung zur Befürchtung, dass es nach Auslaufen dieses Schutzschirms in der Keramikbranche zu einer angespannten sozialen Situation  mit Entlassungen und Werkschließungen kommen könnte.  Die Situation sei  im Großen und Ganzen  stabil.

Der italienische Binnenmarkt hat großen Modernisierungsbedarf im privaten Wohnungsbau. Hier setzt das staatliches Förderprogramm „Bonus 110%“ an, mit dem u.a. Maßnahmen in Bezug auf Energieeffizienz und Erdbebensicherheit unterstützt werden.  Auch  dessen bisher ungewisse Dauer wird die  Erholungskurve der italienischen Fliesenindustrie beeinflussen.

Die Baubranche war in der lange anhaltenden Krise seit 2008 stark unter Druck geraten. In den letzten 20 Jahren hat die italienische Fliesenproduktion 200 Millionen Quadratmeter verloren, 100 Millionen davon entfielen auf den Binnenmarkt.

Aufgrund des totalen Lockdowns, der die italienischen Hersteller von der letzten März- bis zur ersten Maiwoche gestoppt hatte, verließen 20 Millionen Quadratmeter weniger als im Vorjahr die Produktionsstraßen in Sassuolo & Co.

Wie entwickeln sich die Exportmärkte für die italienischen Hersteller?

Die Exportmärkte sind unterschiedlich stark von der Pandemie und von den von den jeweiligen Regierungen beschlossenen Einschränkungen betroffen.

In den USA sei der Umsatz mit einem Minus zwischen 1 und 2% Prozent verhältnismäßig stabil. Erfreulich sei hier auch, dass die Marktquote der Keramik um 2% auf Kosten der Teppichbeläge gesteigert werden konnte, die traditionell den Löwenteil von über 50% beanspruchen.

Wie sieht der Fahrplan für die kommende Cersaie aus?

Zu diesem Thema gibt es aktuell noch keine Neuigkeiten.

Italienische Maschinenbauer Umsatzeinbruch von -15%

Auch die Maschinenbaubranche blieb wie erwartet nicht von den Schwierigkeiten des Pandemiejahres verschont. Nach den vorläufigen Ergebnissen von MECS-Centro Studi Acimac liegt der Umsatz in diesem Sektor bei 1.470 Millionen Euro (-15% gegenüber 2019).

Allerdings sei zu beachten, so Paolo Mongardi, Präsident des Verbands der italienischen Maschinenbauer für die Keramikindustrie Acimac, dass bei der Interpretation der Zahlen der für die Maschinenbaubranche typische zyklische Verlauf mitberücksichtigt werden sollte. Denn in den Vorjahren hatte die Branche vom Investitionsprogramm 4.0 profitiert (hier bei 1200GRAD) und daher bereits im Zweijahreszeitraum 2018-2019 Einbußen im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet. Seit September 2020 sei laut Mongardi jedenfalls wieder ein Anstieg der Bestellungen verzeichnet worden.

Der italienische Markt war mit -25,4% am stärksten betroffen. In absoluten Zahlen entspricht dies einem Gesamtwert von 349 Millionen Euro. Der Export nimmt mit 1.121 Millionen nach wie vor den Löwenanteil der Produktion auf und ist gegenüber dem Vorjahr um 11,2% gesunken.

Als positives Zeichen begrüßt der Verband den Neustart des Innovationsplans 4.0 in Höhe von rund 24 Milliarden Euro, mit dem die italienischen Regierung Investitionen in neue Technologien fördert.

Harter Lockdown über die Feiertage

Die Coronazahlen sind trotz deutlich schärferer Beschränkungen als in Deutschland kurz vor den Weihnachtstagen am 17.12.2020 in Italien mit 18.236 neuen Fällen auf 185.320 Abstrichen mit einer Quote von 9.8% und 683 Todesfällen immer noch hoch. Am stärksten betroffen ist aktuell die Region Venetien mit 4402 neuen Positiven, gefolgt von Lombardei und der „Keramikregion“ Emilia Romagna.

Venetien konnte im „dreifarbigen“ Lockdown (1200GRAD berichtete hier)  bisher als eine der wenigen den gelben Status durchgehend aufrechterhalten. Das scheint sich jetzt umzukehren, denn in Anbetracht der dramatischen Entwicklung der Zahlen der Region zwischen Venedig und Verona hat der Gouverneur der Region ab 19.12.2020 eine Sperrstunde ab 14:00 verhängt.

Während die italienische Regierung unter anderem aufgrund des Recovery Plans zunehmend unter Druck gerät, steht jedoch allen Italienern ein weiteres strenges Maßnahmenpaket für die Weihnachtstage ins Haus, mit dem das Land in den vollen Lockdown geschickt wird und praktisch das Verlassen der Wohnung vom 24.12. bis zum 6.1. unterbunden werden soll.

Bereits mit Wirkung ab dem 21.12.2020 sind Reisen über die regionalen Grenzen hinaus nicht mehr erlaubt, mit der Folge einer absehbaren starken Reisewelle am Wochenende davor.

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