Die eindrucksvollsten Erfahrungen sind die, man man am eigenen Leib macht. Also möchte ich Ihnen an dieser Stelle von einem persönlichen Besuch in einem örtlichen Fliesenfachhandel berichten, denn auch ein Fliesen-Fachjournalist braucht irgendwann mal ein neues Bad. Und ich versichere Ihnen: Dieses Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten!
Um es gleich vorweg zu nehmen: Mir ist bewusst, dass mein Bericht nur eine Momentaufnahme ist und der besuchte Fachhandel nicht exemplarisch für die vielen qualifizierten Fliesenfachhändler zwischen Flensburg und Bodensee steht, die jeden Tag um ihr Geschäft, Umsatz und Kunden mit viel persönlichem Einsatz und Engagement kämpfen.
Es begab sich also, dass wir gegen frühen Mittag in einem renommierten und großen Fliesenhandel in meiner Nähe die Ausstellung besuchen wollten, um uns Anregung für eine Badrenovierung zu holen. Die fast 2500 qm große Badausstellung sollte da einige Möglichkeiten vermitteln.
Beim Eintreten empfangen die Besucher zwei Beratungs-Theken, hinter der sich jeweils zwei Mitarbeiter tummelten und die uns schon beim Betreten keines Blickes oder gar Grußes würdigten, obwohl wir nachweislich die einzigen Besucher der Ausstellung waren. Wir begannen somit allein unseren Rundgang und begegneten einem der Mitarbeiter dann am Kaffee-Automaten, wo er sich gerade einen großen Thermo-Becher mit Kaffee füllte. Wieder kein Blick, keine Ansprache oder gar die Frage, ob wir eventuell auch einen Kaffee möchten.
Nach dem Rundgang ergaben sich für uns einige Fragen. Wir stellten uns ergo vor der ersten Theke auf und warteten darauf, dass die beiden Fachberater ihrer privates Gespräch beendeten und wir unsere Fragen stellen durften. Sichtbar widerwillig widmeten sie sich schließlich unserem Anliegen, erklärten aber schon gleich nach dem ersten Satz, dass für diese Frage die Sanitär-Abteilung zuständig wäre und sie ausschließlich für die Fliesen verantwortlich seien.
Also trotteten wir zur zweiten Theke, wo die beide Fachberater anscheinend in wichtige Telefonate verwickelt waren. Jedenfalls auch hier keine Reaktion auf uns oder eine kleine Geste, dass man eventuell gleich mal Zeit für uns hätte. Wir trotteten somit noch ein wenig durch die Fliesenausstellung. Doch auch jetzt sahen die beiden Fliesen-Fachberater noch keinen Anlass, uns vielleicht zu fragen, ob sie helfen könnten oder wir Fragen hätten.
Als wir uns beim Rausgehen noch einmal nach den beiden Sanitärberatern erkundigten erklärte uns eine Dame am Empfang, dass jetzt erst mal Mittagspause sei und keiner der Berater zur Verfügung stehen würde. Auch hier kein Bedauern, keine Rückfrage etc. Inzwischen fühlen wir uns fast als Störenfriede und verließen schließlich Schulter zuckend die Ausstellung. Ich musste allerdings meiner Frau die Frage beantworten, warum dieser Händler denn ein „Fachhändler“ sei und warum wir nicht einfach in den nächsten Baumarkt gegangen sind.
Und ich stelle mir noch eine ganze weitere Reihe von Fragen: Lernt man in der Schule des Lebens nicht mehr „Guten Tag“ und „Auf Wiedersehen“ sagen, gibt es keine Schulungen oder ein Briefing im Handel, wie man mit Kunden umzugehen hat, warum ist in der Mittagspause kein einziger Mitarbeiter mehr verfügbar usw. War es nicht mal so, dass der Kunde König ist? Oder wie sagte der ehemalige OBI Gründer Manfred Maus mal: „Handel ist Dienstleistung. Und das Wort Dienstleitung kommt von Dienen.“