Das letzte Aufbäumen des deutschen Großhandels

Multi-Channel im mehrstufigen Vertrieb

Jetzt wird es nochmal richtig unangenehm für Premium-Marken im Mittelstand. Im mehrstufigen Vertrieb vollzieht sich eine Entwicklung, die im Konsumgütermarkt bereits vor 15 Jahren begann.

Für mich ein Déjà-vu. Denn ich war live dabei. 2005, als junger Key Account Manager bekam ich den Kunden Amazon zugeteilt. Damals ein Mini-Account, mit dem die Senior-KAMs nichts anzufangen wussten. Amazon passte nicht ins gewohnte Kundenschema. Meine Umsätze mit Amazon wuchsen schnell. Schon bald war ich der KAM mit den höchsten Wachstumsraten. Nicht weil ich so ein guter Verkäufer war, sondern weil Amazon wuchs und wuchs und wuchs.

Der damalige Konsolidierungsprozess der Handelslandschaft verlief zügig. Aus heutiger Sicht vorhersehbar. Aber es hat keiner für möglich gehalten, dass Amazon alles auf den Kopf stellt.

Was sich seit einigen Jahren im mehrstufigen Vertrieb vollzieht, verläuft nach dem gleichen Schema, mit den gleichen Symptomen:

–  Preistransparenz durch das Internet

–  Steigender Preisdruck auf allen Vertriebsstufen

–  Rabattsysteme funktionieren nicht mehr

Die nächste Stufe findet dann auf internationaler Ebene statt:

– Preistransparenz über Landesgrenzen hinweg und cross-border Shipments.

Wenn sich Marken-Hersteller ausschließlich auf den Großhandel konzentrieren, setzten sie auf das falsche Pferd.

Die Luft wird dünn wird für den Großhandel, das merken vor allem die Hersteller von Premium-Marken:

– Hoher Preis- und Verhandlungsdruck.

– Jahresgespräche werden unangenehm.

– Mit Auslistung wird nicht mehr nur gedroht.

– Marken-Hersteller werden zu Lieferanten für die Eigenmarken des Großhandels degradiert.

Was sollten Hersteller nun tun?

–  Hört auf zu hoffen, dass die gute alte Zeit wieder zurückkommt.

– Konzentriert euch auf das, was ihr beeinflussen könnt!

– Baut euch ein Netzwerk an loyalen Fachhändlern und Handwerkern auf. Stellt euch nicht die Frage, wie ihr ihnen mehr verkaufen könnt, sondern findet Antworten darauf, wie ihr ihnen helfen könnt, ihr Geschäft besser zu führen.

– Identifiziert andere Stakeholder, die Kaufentscheidungen für eure Produkte beeinflussen können, z.B. Architekten, Designer, Objektentwickler. Auch hier ist entscheidend, wie ihr diesen Zielgruppen helfen könnt geschäftlich erfolgreicher zu sein.

– Die zukünftig wichtigste Gruppe ist der Endverbraucher. Wenn Endverbraucher eure Marke kennen, wertschätzen und haben wollen, generiert dies einen Pull-Effekt, der Rückwärts die Beschaffungskette entlang wirkt. Dann bestimmt der Endverbraucher welche Marke er haben möchte.

Der Großhandel wird noch lauter und unangenehmer werden. Es wird vermehrt zu Auslistungen kommen. Bis er irgendwann isoliert ist und allein dasteht. Dann wird der er merken, dass seine Eigenmarken keinen Wert haben, wenn nicht ein starkes Premium-Produkt danebensteht.

Über den Autor

Hanno Wilczek ist Strategie-Experte und Management-Berater für Premium-Marken des deutschen Mittelstandes. Bei seiner Arbeit steht die Entwicklung von internationalen Wachstumsstrategien im Vordergrund. Er berät zu den Themen Multi-Channel-Vertrieb, Digitalisierung im Vertrieb und internationale Vertriebsstrategie.

LinkedIn-Profil: https://www.linkedin.com/in/hanno-wilczek/

 

 

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