Was Corona und der Kreml gemeinsam haben
Eine Kommentar von Gerhard Köhler, Chefredakteur Stein.Keramik.Sanitär
Nichts wird mehr so sein wie es vorher war. Das war die allgemeine Einschätzung vor inzwischen gut zwei Jahren, als Corona und die Pandemie an den Start gingen und auf den ersten Höhepunkt zusteuerten, Angst und Schrecken verbreitend. Und niemand wusste so recht, wie damit umzugehen ist. Wobei – nebenbei bemerkt – Letzteres in gewisser Weise auch noch für das Heute gilt. Ein Heute, das fast so aussieht, als wäre alles (doch) so wie vorher. Volle Fußballstadien, Shoppen ohne Einschränkungen, zum Beispiel. Zudem entgegen aller düsteren Prognosen von damals eine blühende Wirtschaft. Selbst Unternehmen, die in Vor-Corona-Zeiten eine eher zurückhaltende Geschäftsentwicklung durchmachten, präsentierten für das Jahr 2021 glänzende Bilanzen. Preissteigerungen? Lieferketten-Probleme? Materialbeschaffung und Engpässe? War alles nur Zweckpessimismus? Die wirtschaftlichen Erfolge seien allen von Herzen gegönnt.
Aber jetzt noch einmal zurück an den Anfang. Was Corona und Pandemie nicht oder nur unzureichend geschafft haben: Dieser einsame Mensch auf der linken Seite seines sieben Meter langen Besprechnungstisches hat es ganz alleine geschafft. Ab jetzt wird vieles wirklich nicht mehr so sein, wie es vorher war, zumal sich aktuell niemand vorstellen mag, ob, wann und wie das Ukraine-Drama ausgeht. Aber auch ohne hellseherische Fähigkeiten ist leicht abzuschätzen, welche Auswirkungen das auf Europa- und die Weltwirtschaft haben wird. In der Tat, danach ist man immer schlauer. Aber dass es zum Beispiel Erdgas auch in ausreichenden Mengen nicht nur in Russland gibt, dürfte selbst deutschen Politikern, gleich welcher Couleur, schon vorher bekannt gewesen sein. Aber es war natürlich sehr viel einfacher den Kreml-Verlockungen nachzugeben.
Jetzt ruft auf einmal alle Welt nach dem kompletten Energie-Embargo Richtung Russland. Aber was wird sein, wenn Westeuropa tatsächlich kein russisches Gas mehr kaufen wird? Der russische Cowboy wird nicht eine einzige Rakete oder Granate weniger Richtung Ukraine abschießen und mit satanischem Grinsen weiter in den Sonnenuntergang reiten (selbst wenn es sein eigener wäre). Dafür werden aber bei uns viele ihren Job verlieren und Industriebetriebe ihre Tore schließen. Was speziell in der Energie intensiven keramischen Fliesen- und Sanitärkeramik-Industrie dem Vernehmen nach bereits einige gemacht haben. Aber warum eigentlich? Das Gas-Embargo ist noch längst keine beschlossene Sache. Auch wenn sich die Forderungen danach mehren. Dann wird es womöglich weniger keramische Fliesen geben, aber dafür mehr Arbeitslose. Und ob das andererseits mehr Menschenleben in der Ukraine rettet, ist mehr als fraglich. Beides gegeneinander aufzurechnen, ist sicherlich nicht der richtige Ansatz.
Die Liste möglicher und wirkungsvoller Sanktionen ist längst nicht ausgeschöpft. Und um Mittel und Wege zu finden, auf andere Weise einen Weg aus dem Energie-Dilemma zu kommen, sollte es sich die Politik nicht wieder so leicht machen wie damals, als sie sich in die offenen (Energie-)Arme des Kreml-Despoten warf. Aber dafür haben wir in Deutschland ja jetzt eine neue, unverbrauchte und ehrgeizige Regierung (die sich den Start in die neue Legislaturperiode sicher anders vorgestellt hat). Nur das hat sie noch nicht gesagt: „Wir schaffen das“.
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