Messeeindrücke Cersaie 2022: Augen zu und durch
Die Keramikbranche zwischen Ausnahmezustand und vollen Auftragsbüchern
Messeeindrücke Cersaie 2022: Nach der Messe bleibt eine Branche mit vielen ungelösten Fragen an die Zukunft. 1200Grad hat sich bei einigen italienischen Anbietern umgeschaut und den Eindruck der Messe als eine “lebendigen Drehscheibe” mitgenommen.
Nach einer langen Messewoche in Bologna schloss die 39. Cersaie am 30. September ihre Tore. Sie entlässt eine Branche, die sich in komplexen Zeiten mit dem Bedürfnis nach Austausch und Normalität begegnet und nach dem Motto „Augen zu und durch“ irgendwie einfach weiter macht. Womöglich mit Erfolg und unternehmerischer Pragmatik. Durchweg war die Rede von einer guten bis hervorragenden Auftragslage und insgesamt waren unsere Ansprechpartner eher zuversichtlich. Insbesondere dort, wo mit langfristigen Verträgen eine relative Energie- und Rohstoffsicherheit erreicht werden konnte. So zumindest die Botschaft der Vertriebsleute an den Ständen.
Produktion gezielt auf Nachfrage Was ankommt, wird produziert. In Zeiten von knappen Rohstoffen und knapper Energie wird nicht auf Verdacht produziert. Erst werden die neuen Serien gezeigt, dann wird überprüft, was wo ankommt. Und dann wird entschieden, was produziert wird. Hoch im Kurs stehen also vor allem flexible Mix&Match Lösungen.
Service steht hoch im Kurs: Über allem steht die Kontinuität der Lieferfähigkeit. Erstmals war die Jagd auf Neuheiten auf einer Cersaie nicht die Priorität. Als wichtigste Messeaufgabe erschien 2022 die Absicherung der Lieferungen.
Messeeindrücke…
Nachfolgend finden Sie einige Beispiele mit Messeeindrücken.
Verde 1999 in der Romani-Gruppe
Während der Cersaie 2021 war der Verkauf von Verde 1999 an die Romani Gruppe bekannt geworden, 1200Grad hatte hier berichtet. Oscar Galloni hat dort nun die Aufgabe übernommen, die Firma aufzubauen und die Integration in die Gruppe zu begleiten. Als reine Handelsfirma aufgestellt, verfügt Verde 1999 nicht über eine eigene Produktion, sondern setze auf den Service. Das Unternehmen habe immer ausschließlich bei den besten italienischen Herstellern eingekauft und hat jetzt den Vorteil, dass es mit der Romani Gruppe zu einem Herstseller gehört. Nach Auskunft von Oscar Galloni habe die Romani Gruppe die Produktion nach den Sommerferien im Gegensatz zu anderen italienischen Herstellern nicht eingestellt.
Was gibt es dort Neues für den deutschen Markt? Großen Erfolg hat die Serie Lapis Grigio in Muschelkalkoptik. Beliebt bleibt immer auch die Betonoptik. Alle Serien sind geeignet für den Innen- und Außenbereich. Hier finden Sie eine Videoaufzeichnung von einem Gespräch mit Oscar Galloni auf der Cersaie 2022
Gigacer: Concrete Design mit Laser eingeschnitten
Neu im Baukastensystem von Gigacer ist Terra, die als technische Serie mit R10 B in der Version matt und auch mit der an- und teilgeschliffenen Oberfläche Lappato erhältlich ist. Bei Hingucker Concrete Designs handelt es sich hingegen um ein neues Design, das mit Laser in Platten mit neutralen Farbgebungen eingeschnitten wird. Die Dekoration ist auch für Bodenbeläge geeignet, da sich die Oberfläche durch die hohe Temperatur des Lasers von 1700/1800° C sofort beim Schnitt verschließt.Die Dekore werden auf Anfrage nach Kundenwunsch auf die Oberfläche aufgebracht.
Eine Renaissance des Cotto?
Stehen wir, unter anderem, im Zusammenhang mit dem Trend zum ökologisch nachhaltigen Bauen, vor einer Renaissance des Cotto? Zu dieser Frage gibt es wie immer verschiedene Lager. Diese beiden Anbieter sind uns aufgefallen:
Sichenia: neuer Stand, neuer Look
Mit einem neuen Stand setzte Sichenia in Zusammenarbeit mit Künstlern und deren Objekten zwei Trends in Szene.
Farbigkeit und Haptik: Drei neue Oberflächen für Wandverkleidungen in 30×90 cm und 12 neue Farben ergänzen das Stammprogramm mit Bodenbelägen.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf kleinen Formaten.
Outdoor ist mehr als Grau!
Aufallend war am Stand von Sichenia ein Schwerpunkt auf den Außenbereich. Manuela Iori und Micaela Capponi (Areamanager Deutschland, Österreich und Niederlande) stellten unter anderem Outdoorplatten in Zementfliesen und Marmoroptik vor. Das Programm umfasst unterschiedliche Formate, Farbigkeiten und Texturen mit der Botschaft “Outdoor ist mehr als Grau“.
Decoratori Bassanesi Feinsteinzeug mit Designern neu erdacht
Ausgefallene Ideen durch ihre Fähigkeit, „um die Ecke zu denken“- das soll die Zusammenarbeit bringen, die Decoratori Bassanesi jedes Jahr mit einem anderen Designer ins Leben ruft. Dabei entstehen Serien, die bleiben und die untereinander kombiniert werden können. Gleichzeitig begegnen sich die Welten von Mode und Keramik. Ein Beispiel: Der deutsche Designer Sebastian Herkner.
Nachhaltigkeit
Das Kernthema der Veranstaltung war Nachhaltigkeit. Nie war klarer, dass es sich dabei nicht um ein Menü der Variationen mit ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit handelt. Es geht um mehr als um ein ansprechendes Marketingthema für die Zielgruppe Endverbraucher. In dem langen Wort steckt eine Gleichung, deren Auflösung den Fortbestand der europäischen Keramikbranche darstellt. Und bis dahin: Augen zu und durch!