“Wir halten den Standort Deutschland eigentlich für ideal”

Interview mit Olaf Mayer, Geschäftsführer Interbau Blink

Wir unterhielten uns mit mit Olaf Mayer, Geschäftsführer Interbau Blink, über die Vorteile, aber auch die Nachteile, die ein Produktionsstandort in Deutschland bietet. Dabei wurde deutlich, warum die Westerwälder die heimische Produktion eigentlich für ideal halten, auch wenn die Voraussetzungen im internationalen Wettbewerb nicht immer gleich sind.

Video-Interview mit Olaf Mayer, Geschäftsführer Interbau Blink:

Herr Mayer: Vielleicht erläuterten Sie unseren Lesern, die Interbau-Blink nicht so gut kennen, noch einmal ihre Unternehmensstruktur. Sie führen ja z.B. einen Teil Ihrer Gewinne an gemeinnützige Zwecke ab, was doch ziemlich ungewöhnlich ist.
Das stimmt. Nachdem die letzten Mitglieder der Inhaberfamilie Korzilius leider sehr früh an Krebs verstorben waren, hatte die letzte Firmeninhaberin Uta Kern-Korzilius den Wunsch, das Unternehmen und Lebenswerk der Familie zu erhalten und mit den erwirtschafteten Gewinnen auch die Krebsforschung zu unterstützen. Zu diesem Zweck gründete sie die Uta Kern-Korzilius Stiftung, in deren Besitz sich die Firmengruppe Interbau-Blink befindet. Die Stiftung unterstützt die Kinderkrebshilfe Mainz mit jährlichen Zuwendungen oder bei bestimmten Projekten.

Sie haben in der Vergangenheit stetig in die Produktion investiert, zuletzt in die Rohstoffaufbereitung, haben eine neue Ausstellung mit modernen Büroräumen. Wie sehen die Investitionspläne in der nahen Zukunft aus?
Die kurz- und mittelfristigen Planungen sehen vor allem Investitionen in die weitere Steigerung der Energieeffizienz vor, aber auch in weitere Automatisierung. Dazu sind wir in einem stetigen Prozess immer dabei, unsere Anlagen auf einem modernen Stand zu halten und schauen ständig nach Innovationen bei Produktions- und Dekorationstechnologien um dem Markt moderne und schöne Produkte “State of the Art” zu präsentieren oder auch einmal mutig neue Trends zu setzen.

Die Anlieferung der Mahltrommel war eine logistische Meisterleistung. Foto: Interbau Blink
Neue Mahltrommel für die Rohstoff-Aufbereitung. Foto: Interbau Blink

Langfristig können wir uns auch eine weitere Anlage für Großformate vorstellen, die Voraussetzungen hinsichtlich der Masseaufbereitung wären nach der von Ihnen angesprochenen Modernisierung der Rohstoffaufbereitung dafür vorhanden.Wir sind auch überzeugt, dass es mit den Eigenschaften der Keramik an sich und im speziellen mit der Produktion ganz nah bei den Rohstoffen und Kunden bei unseren Fliesen um einen in Sachen Nachhaltigkeit kaum zu toppenden Boden- und Wandbelag handelt. Dazu kommt die Kundennähe mit ihren Vorteilen in Sachen Logistik und Servicequalität.

Blick in die neue Ausstellung am Standort im Westerwald.
Blick in die neue Ausstellung am Standort im Westerwald.

Sind die kontinuierlichen Investitionen vielleicht auch mit ein Grund dafür, dass Sie aktuell wesentlich besser dastehen als viele ihrer deutschen Mitbewerber?
Die Ursachen der Probleme, in die einige unserer deutschen Kollegen zuletzt gekommen sind, würde ich als ähnlich vielfältig einschätzen wie die gesamte Struktur der deutschen Fliesenindustrie mit ihren verschiedenen Herstellverfahren und Produkten von Strang- bis Trockenpressen und vom Steingut bis zum Feinsteinzeug. Aber sicher ist es kein Nachteil, über moderne Anlagen zu verfügen um moderne, zum aktuellen Kundenwunsch passende und qualitativ hochwertige Produkte effizient herstellen zu können.

Dennoch weisen Sie auch immer wieder darauf hin, dass sich die deutsche Industrie international in einem ungleichen Wettbewerb befindet. Da ist zu einem die Billig-Konkurrenz aus Asien, aber auch europäischen Wettbewerber, die im Gegensatz zur deutschen Industrie z.T. massiv gefördert werden…
Das ist so, wie bereits weiter oben beschrieben und das macht es für die deutsche Industrie – und da ist die Keramik beileibe keine Ausnahme – aktuell wirklich enorm schwierig.

Sie haben dem deutschen Industrieverband BKF lange Zeit den Rücken zugekehrt, sind aber nun vor kurzem doch Mitglied bewogen. Was hat Sie dazu bewogen?
Auch hier hat es für uns mehrere Gründe gegeben. Anführen möchte ich auf der einen Seite die für mittelständische Unternehmen alleine nicht mehr zu bewältigende Flut an Auflagen und Pflichten wie zum Beispiel BREF, IED-Richtlinien, Energieeffizienzgesetz, die Pflicht ein zertifiziertes Energiemanagement- und wahrscheinlich demnächst auch noch ein zertifiziertes Umweltmanagementsystem zu unterhalten, die verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung, erwachsende Konsequenzen aus dem Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz oder der Mittelfristenergieversorgungs-Sicherungsmaßnahmenverordnung, … – die Liste ließe sich noch deutlich erweitern.

Ihre Kernkompetenz liegt bei Großformaten aus Feinsteinzeug. Gerade in diesem Segment in die Konkurrenz in Europa sehr groß. Was unterscheidet Interbau-Blink zum Wettbewerb?
Wir sehen unsere Vorteile gegenüber den Mitbewerbern aus dem Ausland zum Einen in der Nähe zum Kunden. Gerade bei Großformaten spielt die Logistik ja eine entscheidende Rolle. Auch unsere Struktur, alle Produkte selbst zu produzieren und die Produktionssteuerung auf kurzem Wege direkt beeinflussen und damit auch einmal schnell reagieren zu können bietet in puncto Liefersicherheit gewisse Vorteile.

Wie gelingt es der Fliesenbranche insgesamt, also Handel und Herstellern, alternativen Wand- und Bodenbelagsmaterialien mehr Marktanteile abzunehmen?
Neben den vielen Vorteilen bei den Produkteigenschaften, genannt seien hier beispielhaft die Langlebigkeit sowie ein pflegeleichtes, sehr hygienisches und schadstofffreies Produkt zu haben oder aber die perfekte Eignung auf Fußbodenheizungen, bietet die Fliese etwas für jeden Geschmack und vielfältigste Gestaltungsmöglichkeiten. Hier gilt es, den Kunden Möglichkeiten aufzuzeigen und zu inspirieren, sprich das Produkt möglichst gut in Szene zu setzen und zu präsentieren.

Feinsteinzeug-Serie mit mutiger Dekoration: Gigaline Kollektion, Serie Seahouse. Foto: Interbau Blink
Feinsteinzeug-Serie mit mutiger Dekoration: Gigaline Kollektion, Serie Seahouse. Foto: Interbau Blink

Sehen Sie den Handel generell mehr in der Pflicht, sich stärker und professioneller in der Vermarktung zu engagieren?
Der Handel ist ein sehr wichtiger Partner vor allem auch, wenn es um den Transport der genannten Botschaften geht. Unsere Handelspartner sind sehr breit aufgestellt und nur gemeinsam werden wir es schaffen, die Vorteile der Fliese möglichst weit zu verbreiten und im Bewusstsein der Kunden zu verankern. Das gilt auch und vielleicht im besonderen für die ebenfalls schon genannten Nachhaltigkeitsaspekte, die für eine lokale Produktion sprechen, um die vorhandenen Kostennachteile bei der lokalen Herstellung zu erklären und im Markt umzusetzen.

Verwaltungsgebäude von Interbau Blink im Westerwald.

Vita Olaf Mayer

Nach dem Studium Werkstofftechnik Glas/Keramik an der Hochschule in Höhr-Grenzhausen war Olaf Mayer zunächst knapp vier Jahre bei der Fa. Johnson Matthey in Maastricht als Vertriebsingenieur beschäftigt und hat dort Kunden aus allen Bereichen der Silikatkeramik betreut. Zunächst in Deutschland und dann zusätzlich auch in Frankreich.
Nach einem kurzen Abstecher in die Feuerfestindustrie (4 Monate Plibrico) hat Mayer dann nach der Übernahme des Felspatwerkes in Türkismühle durch die französische DAM-Gruppe dort die Leitung Vertrieb und Anwendungstechnik für die neu gegründete DAM Deutschland GmbH übernommen.
Nach vier Jahren zog es ihn zurück in den Westerwald, wo er für die Stephan Schmidt Gruppe für den weltweiten Vertrieb in den Bereichen Sanitär und Fliesen (ohne Italien) zuständig war. Seit nunmehr gut 3,5 Jahren bilden Michael Dickopf und Olaf Mayer die Doppelspitze der Interbau-Blink Gruppe.

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