Gradmesser: Haben wir eine Trendwende beim Wohnungsneubau?

Harald Herrmann, Direktor im Bauministerium, sieht angesichts von 340.000 genehmigten (also noch nicht gebauten) Wohnungen bereits eine „Trendwende beim Wohnungsneubau“ in den Ballungsräumen.Tatsache ist jedenfalls, dass die von Experten (Aktion Impulse für den Wohnungsbau, Pestel-Institut) propagierte Zielmarke von 400.000 Wohnungen noch längst nicht erreicht ist. Von einer Verstetigung – und damit besseren Planbarkeit – der Bautätigkeit einmal ganz abgesehen.

Die Baugenehmigungszahlen hätten, so Hermann, im letzten Jahr wieder das Niveau von Ende der 90er Jahre erreicht. Die Trendwende beim Wohnungsneubau sei damit eingeleitet. Er geht davon aus, dass wir 2016 bei 280.000 bis 290.000 Fertigstellungen liegen werden. Natürlich weiß man auch im Bauministerium, dass damit der Neubaubedarf noch nicht gedeckt ist. Aber im Vorwahlkampf rechnet man gerne auch schön: „In 2015 wurden 248.000 neue Wohnungen gebaut – das sind deutlich mehr als in den Vorjahren,“ sagt Hermann. Das ist auch keine Kunst angesichts der damaligen Tiefststände im Wohnungsbau.

Wichtig bleibt, die Probleme und Aufgabenstellungen des Wohnungsbaus beim Namen zu nennen: fehlende Baugrundstücken, eine verschärfte Konkurrenzsituation bei den Investoren und damit noch höhere Preise, lange und komplexe Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie eine sozial verträgliche Wohnungsbaupolitik. Mit „Nachverdichtung“ ist es nicht getan, wenn nicht der Widerstand in einzelnen Stadtteilen gegen neue Wohnungsbauprojekte vorprogrammiert sein soll. Und ob angesichts der hohen Baulandpreise in den größeren Städten das Umland für immer mehr Bauherren angesichts des drohenden Verkehrskollapses wirklich als Alternative taugt? Von einer drohenden Zersiedelung der Landschaft durch die vielen „Häuschen im Grünen“ einmal ganz abgesehen.

Und genau hier fängt politische Gestaltungskraft an – gerade im Wahljahr 2017.

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