Generalsanierung schlägt Neubau

Ökobilanzierung des BayWa Hochhauses zeigt Bedeutung nachhaltiger Architektur

Bei in die Jahre gekommenen Großbauten ist die Abrissbirne schnell zur Hand – ohne dabei an die graue Energie zu denken. Die BayWa ging mit ihrer Münchner Konzernzentrale einen anderen Weg: Statt Abriss setzte das Management auf Wiederverwendung des Bestands – und damit auf nachhaltiges Bauen.

Eine Untersuchung liefert nun den Beleg für die Richtigkeit der Entscheidung. Die Generalsanierung schneidet in der Ökobilanzierung gegenüber Abriss und Neubau deutlich besser ab: 25 Prozent weniger Primärenergie und 29 Prozent weniger Treibhausgase, so das Ergebnis. Wenn es um Nachhaltigkeit beim Bauen geht, kommt man an der grauen Energie, der benötigten Energie für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung von Baustoffen, nicht vorbei. Über das Hochhausprojekt hinaus ist diese Thematik längst beim Baustoffbereich der BayWa ankommen – strategisch sowie ganz pragmatisch in Arbeitsgruppen, die sich unter anderem mit der Erstellung einer Datenbank von nachhaltigen Baustoffen befassen.

Der fertige Bau – das neue BayWa Hochhaus – traf auf breite Zustimmung und gilt als gelungenes Beispiel für den verantwortungsvollen Umgang mit Bausubstanz. Die Münchner Stadtbaurätin Elisabeth Merk wertete das BayWa Hochhausprojekt beim Richtfest als ein wichtiges Zeichen für den Umgang mit Bauten aus der Nachkriegszeit in München. Das sogenannte Sternhaus bleibe als Bestandteil des stadtbildprägenden Ensembles Arabellapark erhalten, entwickle sich aber trotzdem ästhetisch und funktional weiter. Bei der Generalsanierung des Sternhauses in den Jahren 2016 und 2017 blieb die Bausubstanz des Rohbaus aus den 60er Jahren von der Tiefgarage bis zum 16. Obergeschoss erhalten und wurde als Grundgerüst für die Modernisierung genutzt. Zusätzlich wurden vier Stockwerke aufgestockt.

25 Prozent weniger Primärenergie verbraucht

Um die Umweltbilanz des Gebäudes zu ermitteln, berechnete das unabhängige Münchner Ingenieurbüro Greengineers die Umweltwirkungen der neugebauten und abgerissenen Gebäudeteile sowie die eingesparten Umweltwirkungen durch den Erhalt bereits bestehender Bausubstanz. Ziel dieser Ökobilanzierung war es, die prozentuale Einsparung der Umweltwirkungen durch den Fortbestand der historischen Bausubstanz im Sternhaus und der Tiefgarage zu ermitteln. Berücksichtigt wurden dabei die beiden Parameter Treibhausgaspotenzial (gemessen in Kilogramm CO2-Äquivalent) und graue Energie (gemessen in Megajoule). Die Studie ergab, dass durch die Nutzung und Weiterentwicklung des vorhandenen Rohbaus 25 Prozent weniger Primärenergie verbraucht und 29 Prozent weniger Treibhausgase verursacht wurden, als dies bei Abriss des gesamten Altbestands und Neubau der Fall gewesen wäre. Vergleichbar ist die Einsparung der Treibhausgase mit rund 5.500 Flügen von München nach Bangkok (bei der Annahme von 1,4 Tonnen CO2- Äquivalent pro Flugreise).

Der Bewertung sind Informationen zu den Lebenszyklusphasen A und C sowie zum Modul D eines Gebäudes (nach den anerkannten Standards zur Bewertung der umweltbezogenen Qualität von Gebäuden) zugrunde gelegt: Phase A (Herstellung und Errichtung) mit Angaben zu Umweltbelastungen für die Rohstoffbeschaffung, für den Transport und die Verarbeitung von Baustoffen; Phase C (Entsorgung) mit der Betrachtung von Rückbau und entstehenden Umweltbelastungen aus endgültiger Lagerung oder Beseitigung der Baustoffe; Modul D beschreibt das Potenzial der Baustoffe bezüglich Wiederverwendung, Rückgewinnung und Recycling. Dazu erfasste die Untersuchung in einer Sachbilanz alle Baustoffmengen, aufgeteilt nach weitergenutztem Rohbau, Neubau und Altbestand, der abgerissen wurde. Jedem Baustoff wurde zudem eine Nutzungsdauer zugeordnet. Dadurch ergeben sich ganz neue, überraschende Einblicke: So steckt im Sternhaus und in der Tiefgarage Baumaterial mit einem CO2-Äquivalent von rund 27,2 Mio. Kilogramm, das entspricht dem Ausstoß von rund 3.500 Menschen pro Jahr in Deutschland (bei der Annahme von 7,9 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr).

Lebenszyklusphase B ist für den zweiten Teil der Untersuchung von Bedeutung: Betrachtet wird die Nutzungsphase über den gesamten Lebenszyklus hinweg, allem voran der Energieverbrauch durch Strom und Wärme. Die umgesetzte Variante verbraucht im Vergleich zu Abriss und Neubau bei zugrunde gelegter Gesamtlebensdauer von 100 Jahren rund 21 Prozent weniger Energie. Hier schlägt die hohe Energieeffizienz des aktuellen Sternhauses zu Buche, das mit einem jährlichen Energiebedarf von 78 Kilowattstunden pro Quadratmeter deutlich unter dem vergleichbaren Mittelwert von deutschen Bürogebäuden liegt. Der Bau aus den 60er Jahren erfüllt heute höchste Ansprüche an Energieeffizienz und Nachhaltigkeit; Letzteres auch belegt durch die LEED-Zertifizierung in Gold.

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