Flagship-Stores sorgen für Bewegung im Fliesenmarkt
Handel sieht Industrie-Konzepte zum Teil kritisch
Sie kennen diese schicken Konsum-Marken-Tempel sicherlich von Ihren eigenen Shopping-Erlebnissen. Keine Frage: Flagship-Stores stärken die Präsenz einer Marke im allgemeinen Bewusstsein, fördern ihr Ansehen und tragen zur Kundenbindung bei, dienen also in erster Linie der Werbung.
Flagship-Stores sind auf jeden Fall „in“. Bei Kunden, Marketingleitern in der Industrie – nur beim Handel stoßen sie vielfach auf Skepsis. Denn der Händler vor Ort wittert hier eine unerwünschte Konkurrenz, im schlimmsten Fall fühlt er sich sogar übergangen. Das ist auch im Fliesenhandel so, obwohl die Markentempel hier noch die Ausnahme sind. Das liegt u.a. daran, dass die Keramikindustrie bei weitem nicht mit so vielen klangvollen Markennamen aufwarten kann wie die Modebranche. Flapship-Stores kennt man so z.B. von Porcelanosa (Köln), Florim (Frankfurt), Marazzi (London), Italgraniti (Mailand), Mosa (Frankfurt) – um nur einige zu nennen. Aber auch daran, dass der Fliesenhandel gerne Markennamen in den Ausstellungen unterdrückt oder sogar seine eigenen Handeslmarken lieber in der ersten Reihe sieht.
Entscheidend für die Akzeptanz eines Flaship-Stores im Fliesensegment ist vor allem die Tatsache, wie der Hersteller sein Konzept vor Ort in die Tat umsetzt, sprich den lokalen Partner mit einbindet. So gibt es Flagship-Store Konzepte, die sich vorrangig an Architekten und Planer richten und die Interessenten bei Kaufwunsch an den lokalen Handel weiterleiten. Oder es gibt Händler, die selber als Betreiber eines Flagship-Stores auftreten.
Gerade bei ausländischen Herstellern ist die Bereitschaft groß, sich mit einem aufmerksamkeitsstarken Flagship Store im Markt zu positionieren. Die deutschen Hersteller waren da bislang zurückhaltender. Villeroy & Boch, sicherlich eine der wenigen wirklichen Marken im Fliesensegment, traute sich bislang nur mit einem Shop-in-Shop Konzept (House of Villeroy & Boch) an die Verkaufsfront – obwohl die Mettlacher im Geschirrbereich mit Flagship Stores guter Erfahrungen sammelten.
Nur stürmt die Deutsche Steinzeug mit einem sogenannten “Architektur Store” nach vorn, hier in Kooperation mit einem regionalen Händler (Konz Baustoffring). Das mag manchen überraschen, ist aber eine logische Konsequenz, wenn man sich die starke Objektausrichtung der Deutschen Steinzeug anschaut. Grundsätzlich dürfte sich der Architektur Store nicht groß von einem Flagship Store unterscheiden, auch wenn die Namensgebung schon die Zielgruppenausrichtung signalisiert.
Dem Handel kann es eigentlich nur Recht sein, wenn sich die Produzenten auch am Point of sale so massiv für ihre Produkte engagieren. Insofern ist Skepsis im Handel fehl am Platz, so lange der Handel in die Konzepte mit eingebunden wird. Allerdings sollte sich der Handel kritisch mit der Frage auseinandersetzen, ob und wieweit er sich selber mit neuen und innovativen Verkaufsformen und Marketingaktivitäten bislang beschäftigt hat.