Nach vielen Jahren Abstinenz zeigten die deutschen Fliesenhersteller auf ihrer “Heimmesse” BAU 2023 endlich einmal wieder Flagge für das Baumaterial Fliese. Das ist gut so und des Lobes wert! Denn gerade bei Architekten und Planern, der Hauptbesuchergruppe der BAU, führen keramische Fliesen – trotzt ihrer zahlreichen und unwidersprochenen Vorteilen – nach wie vor ein Schattendasein. Dabei haben die deutschen Hersteller gerade im Bereich der Objektkeramik von jeher starke Produkt-Programme zu bieten.
Die Teilnahme von noch mehr Fliesenherstellern auf der BAU auf das mangelnde Engagement der Unternehmen abzuschieben, ist aber zu kurz gegriffen. Da spielen u.a. auch die Sortimente der Unternehmen und die internationale Messepolitik eine Rolle. Nicht alle Fliesenproduzenten haben auch für Planer passende Produkte im Programm. Für das internationale Exportgeschäft gibt es schließlich noch die renommierte Cersaie, die Spanier haben ihre Cevisama, für den amerikanischen Markt lockt die Coverings und für die Designer der Salon del Mobile in Mailand.
Warum die Messe München den Termin der BAU 2023 aber zeitgleich mit den beiden letzten Fachmessen plant und sich auch die Italiener nicht mit den Amerikanern absprechen wird ihr Geheimnis bleiben. Wahrscheinlich gab es bei den Ausweich-Terminen der BAU für die Münchener keine große Auswahl mehr im diesjährigen Terminkalender. Allerdings muss man sich dann nicht wundern, dass Fliesenhersteller aus Italien und Spanien andere Messen vorziehen. Den Italienern ist der Salon del Mobile traditionell sehr wichtig, für die im amerikanischen Exportgeschäft stark vertretenden Spanier ist die Coverings eigentlich ein Pflichttermin. Nur wenige Unternehmen, wie z.B. die italienische Panaria-Group, schafften es sogar auf allen drei Messen präent zu sein. Ein finanzieller wie organisatorischer Kraftakt, den andere verständlicher Weise scheuen.
So blieb es in München neben den deutschen Fliesenherstellern bei sieben spanischen Unternehmen, einigen Italienern, ein paar Natursteinanbietern, eine handvoll Unternehmen aus Polen und Tschechien, Grespanaria Portugal sowie dem Verband aus Portugal. Das ist in der Tat viel besser als 2019 und in den Vorjahren, aber angesichts der Tatsache, dass der deutsche Markt für die meisten ausländischen Fliesenhersteller ein immens wichtiger, wenn nicht gar der wichtigste Exportmarkt ist, in unseren Augen immer noch zu wenig für eine “Weltleitmesse”, wie sich die BAU gerne selber tituliert.
Bei aller Freude über das Comeback der Fliese in 2023 sollte man also nicht aus den Augen verlieren, dass es für die Fliese in München noch viel Luft nach oben gibt. Schließlich reisen auch Handwerker und Händler nach München, um sich über (Keramik-)Neuheiten zu informieren. Gerade mit Sicht auf die Planer und Architekten wäre es zudem enorm wichtig für die Keramik, wenn sie alternativen Wand- und Bodenbelägen besser die Stirn bietet. Die deutschen Fliesenhersteller haben dieses Jahr gezeigt, wie es geht.