Bauindustrie: „Entsorgungsnotstand“ auf den Baustellen
Auf den Baustellen herrsche inzwischen ein „Entsorgungsnotstand bei Styroporabfällen“: Verbrennungsanlagen nähmen diese Abfälle nicht mehr an und die Entsorgungsunternehmen holen dieses Material erst gar nicht mehr von den Baustellen ab. Damit drohe die gesamte Baustellenlogistik zusammenzubrechen, so der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Michael Knipper.
Hintergrund ist eine Novelle der bundesweit geltenden Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV), die zum 1. Oktober 2016 in Kraft getreten ist. Sie schreibt vor, dass Wärmedämmplatten, die mehr als 0,1 Prozent des Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan (HBCD) enthalten, als gefährlicher Abfall gelten. Aber für die Entsorgung dieser Abfälle fehlen den Verbrennungsanlagen die Genehmigungen oder die technischen Vorrausetzungen.
Der Hauptverband fordert deshalb die Länder auf, über den Bundesrat ein Änderungsverfahren einzuleiten. Damit solle kurzfristig durch ein sechsmonatiges Moratorium die neue Regelung ausgesetzt werden. Auf diese Weise könnten die bisherigen Entsorgungswege weiter genutzt werden. Man gehe allerdings bereits heute von einem Anstieg der Kosten für die Entsorgung dieser Bauabfälle von 200 Euro pro Tonne auf derzeit bis zu 7.000 Euro pro Tonne aus, so Knipper. Dies liege nicht nur an den höheren Annahmekosten der Verbrennungsanlagen, sondern auch an den gestiegenen Transportkosten durch weitere Transportwege, wenn nur einzelne Verbrennungsanlagen über eine entsprechende Anlagengenehmigung verfügen. Dazu kommen noch höhere logistische Aufwendungen durch die Bereitstellung separater Entsorgungscontainer auf der Baustelle.
Allerdings wird in der aktuellen Diskussion oft übersehen, dass z.B. der Verschnitt neuwertiger WDVS-Systeme mit EPS gar kein gíftiges Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan (HBCD) mehr enthalte, stellt der Industrieverband Polyurethan ausdrücklich klar. Es gilt als giftig und ist inzwischen weltweit verboten. Deshalb sei auch keine getrennte Sammlung und Entsorgung von PU-Dämmstoffabfällen notwendig. Eine Verweigerung der Annahme von PU-Dämmstoffabfällen sei dem Verband zufolge deshalb nicht korrekt. Das gelte auch für das Recycling bei Wärmedämmverbundsystemen mit EPS ohne HBCD. Abfälle aus Polyurethan-Hartschaum (PU) enthalten kein HBCD. PU-Dämmstoffabfälle sind nicht als gefährlich eingestuft. Sie können zusammen mit dem Hausmüll entsorgt werden.
Polyurethan-Hartschaum (PU) ist ein geschlossen-zelliger Hartschaum, der für die Dämmung von Dächern, Wänden und Böden sowie für haus- und betriebstechnische Anlagen verwendet wird.