Cevisama 2023: Schöne Fliesen

Spanische Fliesenfachmesse klagt über Aussteller-Rückgang

Zwei lange Jahre mussten die Spanier darauf warten, dass ihre Fliesenfachmesse Cevisama in Valencia wieder ihre Tore öffnen konnte. Nach der Pandemie war die Vorfreude groß, dem internationalen Publikum wieder Keramikspezialitäten aus Spanien servieren zu können. Doch leider streuten einige Köche Salz in die Messe-Suppe.

Das waren zunächst die Gewerkschaften, die kurzfristig beschlossen hatten, am ersten Messetag die beiden Flughäfen Köln/ Bonn und Düsseldorf zu bestreiken. Blöd nur, dass gerade aus dieser Region viele potente deutschen Fliesenhändler kommen, die schon ein Flug- Ticket für Valencia in der Tasche hatten und montags dann leider ihre Reisepläne begraben mussten.

Ein paar deutsche Händler weniger kann die Cevisama sicherlich verkraften. Was sie aber nicht verkraften kann sind spanische Hersteller, die die Messe nicht besuchen. Davon gab es in diesem Jahr einige. Nachdem Pamesa seine Teilnahme schon früh storniert hatte, zogen andere Unternehmen nach. Viele bekannten Namen, wie z.B. Porcelanosa, fehlen schon seit geraumer Zeit in den Ausstellerlisten. Doch dieses Jahren fielen die zahlreichen Lücken in den Messehallen den Besuchern sowie den anderen Ausstellern unangenehm auf. Einige Händler, siehe unsere Interview mit Michael Zink vom Bayerischen Fliesenhandel, sehen gar die ganze Messe zukünftig in Gefahr.

Werksbesuche statt teure Messen

Das Thema ist allerdings vielschichtig. Zum einen ist da der Standpunkt der Unternehmen. Die wollen nach Corona und während des Ukraine Krieges bzw. der Energiekrise Geld sparen. Mit nicht gebauten Messeständen lässt sich eben eine Menge Geld sparen. Mit den so gesparten Etats laden die Hersteller ihre Handelskundschaft lieber in die eigenen Werksausstellungen ein. Da haben sie mehr vom Kunden bei geringeren Kosten.

Ein Trend, der sich schon auf der Cersaie in Bologna beobachten ließ. Doch je mehr Aussteller fehlen, umso großer ist der Sogeffekt für andere Unternehmen. Für die Besucher wird es irgendwann nicht mehr interessant die Messen zu besuchen, wenn so viele namhafte Firmen fehlen. Denn das ist ja der Sinn einer Messe: In kurzer Zeit möglichst viele Firmen besuchen zu können.

Knallige Farben, großformatige Blumenmotive und verspielte graphische Dekore waren auch in diesem Jahr wieder in Valencia zu bewundern.
Knallige Farben, großformatige Blumenmotive und verspielte graphische Dekore waren auch in diesem Jahr wieder in Valencia zu bewundern.

Cevisama und Cersaie im Wechsel?

Zum anderen ist da der Standpunkt der Messegesellschaften, die auf dem Rücken von Ausstellern und Besuchern ihre kommerziellen Interessen durchsetzen wollen. Schon seit vielen Jahren steht der Messerythmus der internationalen Fliesenmessen in der Diskussion. Fakt ist, dass ein jährlicher Messerythmus von Cevisama und Cersaie einfach zu viel ist für eine Branche, deren Produkte eine Lebenszeit von 10-15 Jahren haben. Aber die Fliese hat sich selber zu einem Designprodukt hochgezüchtet, das mit jährlichen Neuheitenshows fast auf dem Niveau der Modebranche rotiert. Dagegen schaffen es Handel und Hersteller aber kaum die Neuheiten in den Regalen und Kojen des Handels zu platzieren, bevor schon wieder die nächste Fliesenmesse um die Ecke kommt.

Eine durchaus charmante Lösung wäre in unseren Augen, wenn sich Cersaie und Cevisama wenigstens abwechseln würden. Die ASCER steht dieser Ideen zumindest ganz offen gegenüber (siehe unser Interview mit Mireira Llinares). Aber das werden die Messegesellschaften zu verhindern wissen – ganz nach dem Motto „solange unsere Hallen gut gefüllt sind machen wir weiter.“

 

Auf jeden Fall wäre es extrem schade, wenn die Cevisama irgendwann in diesem Konflikt die Segel streichen müsste. Denn in unseren Augen ist die spanische Messe seit Jahren ein sicherer Garant für stilsichere und technisch anspruchsvolle Keramik-Innovationen. Das hat auch die Cevisama 2023 wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Wer auf der Suche ist nach ausgefallenen Designideen, tollen Glasureffekten und technischen Neuerungen ist, ist in Valencia auf jeden Fall an der richtigen Adresse.

Natursteinimitation ist nicht Natursteinimitation

Natursteinimitation Ist nicht Natursteinimitation
Natursteinimitation Ist nicht Natursteinimitation

Natürlich bedienen die spanischen Hersteller auch Mainstream im Fliesengeschmack, wie Natursteinimitationen, Holzfliesen, Betonoptiken, Großformate etc. Aber zwischen Natursteinimitation und Natursteinimitation gibt es mittlerweile sichtbare Unterschiede zwischen einer guten und einer schlechten Imitation. Die Spanier operieren bei ihren Serien mittlerweile mit 12-20 verschiedenen Designstempeln, die so ein sehr abwechslungsreiches Maserungsbild, z.B. bei Marmorimitationen, garantieren. Darüber hinaus haben sie das Oberflächenfinisch der Natursteinimitate in den letzten Jahren enorm verbessert und erweitert. So gibt es fast jede Serie mit glänzenden, hochglänzenden, matten, semi-matten, anpolierten, trittsicheren oder haptischen Oberflächenausführungen, die die Auswahl einer Kollektion radikal erweitern. Außerdem werden dazu eine Vielzahl passender Wand-Dekorationen angeboten, mit denen sich der Gestaltungsspielraum noch einmal erheblich erweitern lässt.

Apropos Dekorationen: Auch hier beweisen die Spanier Mut. Knallige Farben, großformatige Blumenmotive und verspielte graphische Dekore waren auch in diesem Jahr wieder in Valencia zu bewundern. Wir zucken dabei innerlich noch immer etwas zusammen, weil wir bislang der Meinung waren, dass insbesondere der deutsche Handel bei soviel wagemutigen Designs und Farben schnell das Handtuch wirft. Aber die spanischen Hersteller berichten von durchweg positiven Erfahrungen mit deutschen Händlern, die anscheinend immer mehr Mut zeigen, auch solche Dinge in ihre Ausstellungen zu lassen.

Darüber hinaus erweisen sich die Spanier als Meister der Glasurtechnik. Viele Werke sind heute in der Lage, einzelne Punkte und Maserungen mit spezielle Techniken mit unterchiedlichen Glasuren zu veredeln, was überaus interessante Effekte ergibt.

Fliese mit Spezialglasur
Die Spanier erweisen sich als Meister der Glasurtechnik.

Positive Absatz- und Konjunkturzahlen

Die internationalen Exportmärkte belohnen soviel gestalterischen Mut und technisches Know how anscheinend mit einer regen Ordertätigkeit, denn die Zahlen der Spanier sind trotz der Ukraine Krise erstaunlich positiv (siehe unsere Bericht hier). Für Optimismus bei den spanischen Hersteller sorgen zudem die insgesamt sehr positiven Konjunkturzahlen auf der spanischen Halbinsel.

Zu den Minuspunkten der spanischen Industrie im Vergleich zu den italienischen Herstellern gehören allerdings die hohen Logistikkosten und längeren Lieferzeiten. Castellón, die Hochburg der spanischen Fliesenhersteller, ist eben wesentlich weiter vom deutschen Markt entfernt als Sassuolo, das Mekka der italienischen Fliesenindustrie. Die Spanier wünschen sich deshalb seit vielen Jahren von ihrer Regierung eine effektive Bahnverbindung in den Norden – bislang ohne Erfolg.

Mutiges Designs, technische Innovationen, ein übersichtliches Messegelände, eine gute Inlands-Konjunktur, wachsende Exportmärkte,
verlässliche Partnerschaften zum deutschen Handel: Eigentlich stehen fast alle Signale für die spanischen Hersteller auf grün. Für die Cevisama 2024 gilt das hoffentlich auch. Denn der Fliesen-Markt würde diese Messe und ihre Innovationen sicherlich schmerzlich vermissen.

Wir werden über die Neuheiten der Unternehmen noch in der kommenden Woche ausführlicher berichten.

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