Australien verbietet Quarz-Komposit-Werkstoff

Steigende Erkrankungsrate der Lungenkrankheit bei Steinmetzen

Wie die Süddeutsche Zeitung im Dezember meldete, hat Australien beschlossen, ab 1. Juli 2024 die Verwendung von Quarz-Komposit-Material (auch Engineered Stone genannt) komplett zu untersagen. Die ebenso wie in Deutschland auch in Down Under tausendfach eingesetzten Küchenarbeitsplatten aus dem Material dürfen dann weder hergestellt noch bearbeitet, geliefert und installiert werden. Naturstein und Keramik indes sind von dem Verbot nicht betroffen.

Die australischen Bundes- und Landesarbeitsminister haben sich zu diesem radikalen Schritt entschlossen, nachdem die nationale Arbeitsschutzagentur die Verarbeitung des Materials als zu gefährlich für Steinmetze und andere Verarbeiter eingestuft hatte. Engineered Stone besteht zum größten Teil aus Quarzmehl, welches mit einem Kunstharz – meist Polyester – gebunden ist.

Verbot betrifft Milliardenbranche

Derzeit handelt es sich noch um einen weltweit einzigartigen Schritt. Die Befunde von der anderen Seite der Welt klingen allerdings besorgniserregend: Australien hat bei Steinmetzen, die Quarz-Komposit-Material verarbeitet haben, eine derart stark steigende Erkrankungsrate der Lungenkrankheit verzeichnet, dass sie vom Gewerkschaftsführer Zach Smith bereits als das „Asbest der 2020er Jahre“ bezeichnet wurde.

Jeder vierte Steinverarbeiter, der bis 2018 in der Branche beschäftigte war, erkrankte laut dem Bericht an einer Krankheit, die sich auf das Einatmen feinster Quarzstaub-Partikel zurückführen lasse. Kristallines Siliziumdioxid, welches beim Schleifen, Bohren oder Schneiden des Materials als Staub in die Raumluft gelangt, verursacht nachweislich die häufig tödliche Krankheit Silikose oder ein ähnliches Lungenleiden.

Führt zu schweren Erkrankungen bei den Verarbeitern: Herstellung von Arbeitsplatten aus Engineered Stone. Foto: Lechner
Führt zu schweren Erkrankungen bei den Verarbeitern: Herstellung von Arbeitsplatten aus Engineered Stone. Foto: Lechner

 

Bereits 2015 war die Erkrankung eines australischen Arbeiters an der Lungenkrankheit mit Kunststein-Arbeitsplatten in Verbindung gebracht worden. Eine jahrelange, von Ärzten, Gewerkschaften und Arbeitern vorangetriebene Kampagne startete, um das künstliche Material zu verbieten. Sie gipfelte nun in dem erlassenen Verbot, welches eine Industrie in Aufruhr versetzt, die mit Quarz-Komposit laut Branchenanalysen weltweit mehr als 20 Milliarden Euro umsetzt, mit stark steigender Tendenz.

Interessant in dem Zusammenhang ist auch, dass der Schritt erfolgte, nachdem eine Untersuchung dreier australischer Nachrichtenagenturen den Anbieter Caesarstone neun Monate zuvor beschuldigt hatte, nicht genug zu tun, um die Menschen vor den Gefahren der Arbeit mit dem Material zu warnen; zudem hatte die Baugewerkschaft des Landes sich der Kampagne angeschlossen, die das Verbot forderte.

Auswirkungen auf Deutschland noch nicht absehbar

Unternehmen wie Ikea und Bunnings haben sich bereits dazu verpflichtet, den Verkauf des Materials auf dem australischen Markt einzustellen.

In Deutschland bisher weiter erlaubt: Küchenarbeitsplatten aus Kunststein. Foto: Trend Group
In Deutschland bisher weiter erlaubt: Küchenarbeitsplatten aus Kunststein. Foto: Trend Group

Für Deutschland wie auch für viele andere Länder, in denen Engineered Stone eingesetzt wird, habe die Nachricht aus dem fernen Australien bisher noch keine Folgen, so der SZ-Bericht. Aus deutscher und europäischer Arbeitsschutzsicht seien Verbote nur sehr selten angezeigt, habe das Bundesarbeitsministerium auf Anfrage mitgeteilt.

Im Haus von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) setze man stattdessen auf Schutzmaßnahmen, wie sie die Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 559 für den Umgang mit quarzhaltigen Stoffen vorschreibt, berichtet die Süddeutsche. Das Einhalten dieser Regel ermögliche ein sicheres Arbeiten, heißt es dort.

Allerdings mehren sich etwa auch in den USA sowie in Großbritannien bereits Berichte über Todesfälle bei Steinmetzen durch Silikose, die mit Quarz-Komposit-Material gearbeitet hatten. Es bleibt also spannend zu erwarten, welche Kreise das Verbot in Australien ziehen wird und ob sich diese auf den deutschen Markt für Küchenarbeitsplatten auswirken werden.

In Deutschland hat der Siegeszug der Keramik bereits zu einem deutlichen Rückgang der Absätze von Quarz-Komposit geführt. Hersteller wie Cosentino haben darauf reagiert und ihren Engineered Stone-Produkten Keramikmarken an die Seite gestellt, in dem Fall Dekton zu Silestone.

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